laut.de-Kritik
Fünf Kalifornier im Vintage-Rausch.
Review von Kai ButterweckThe Darkness im Queen-Fieber, Airbourne im Windschatten von AC/DC und Greta Van Fleet auf den Spuren von Led Zeppelin: Alle Jubeljahre stürmt eine neue junge Band mit einer unverkennbaren Soundausrichtung aus der heimischen Garage in Richtung Retro-Olymp. Im Sommer 2022 haben sich nun fünf Rock'n'Roll-Nerds aus dem Großraum Los Angeles zusammengefunden, um möglichst viele Vintage-Erinnerungen zu einem großen Ganzen zu vereinen.
Classless Act sind gerade der heiße Scheiß unter der kalifornischen Sonne. Nach einer erfolgreichen Support-Tour mit Dorothy sicherte sich die Band auch noch den begehrten Opener-Slot der mit Spannung erwarteten 80s-Rock-Revival-Stadiontour von Mötley Crüe, Def Leppard und Joan Jett. Im Gepäck haben Classless Act die Songs ihres Debütalbums "Welcome To The Show", eine rifflastige Ansammlung musikalischer Memoiren, zeitgemäß aufgemotzt und mit verkaufsfördernden Gastauftritten verfeinert.
Die beiden Zugpferde Vince Neil ("Classless Act") und Justin Hawkins ("This Is For You") wären aber gar nicht von Nöten gewesen, denn die Songs der Kalifornier treffen auch so voll ins Schwarze. Mit erstaunlich ausgefeiltem Songwriting, permanent wechselnder Dynamik und einem satten Sound präsentieren sich Classless Act von Beginn an wie eine Band, die genau weiß, auf was es ankommt.
Der Start gelingt mit Straßenköter-Rock à la Hellacopters, Backyard Babies und Buckcherry ("Classless Act"), ehe die Kalifornier kurz aber nachhaltig in Richtung Aerosmith-Fankurve grüßen ("This Is For You"), nur um drei Minuten später auf der Stadionbühne die Massen zum Mitsingen zu animieren ("Time To Bleed"). Angetrieben von der prägnanten Stimme von Sänger und Frontmann Derek Day rocken und rollen sich Classless Act in einen wahren Vintage-Rausch, ohne dabei die eigene Authentizität aus den Augen zu verlieren.
Mit viel Schmackes und noch mehr Leidenschaft bastelt die Band vor allem in den schleppenden Momenten des Albums an einer nachhaltigen Identität, die im Idealfall auch noch in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren für Aufsehen sorgen soll. "On My Phone" dient da als Paradebeispiel, ein Song, den man so schnell nicht mehr aus den Ohren bekommt.
Auch der Refrain im vertrackten "Made In Hell" hallt lange nach, genauso der flockige Groove der grandiosen Cinderella-Huldigung "Circles". Aber auch im Vorwärtsgang haben Classless Act viel zu bieten. Neben dem flotten und kratzigen Opener sticht hier vor allem die mit harmonischer Gitarrenarbeit aufgepeppte Uptempo-Nummer "Haunting Love" heraus.
Mit ihrem Debütalbum setzen Classless Act ein dickes Ausrufezeichen. Hier ist von hart bis zart und von schnell bis langsam für jeden Hardrock-Fan etwas dabei. Da kann ein Gene Simmons noch so oft mit miesepetrigen "Rock is dead!"-Thesen um die Ecke kommen: Der Fünfer, der auf "Welcome To The Show" nichts anbrennen lässt, beweist mit viel Energie und Power das genaue Gegenteil.
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