laut.de-Kritik
Entertainment in erdiger Roots-Manier.
Review von Stefan JohannesbergNur wenige Wege führen nach Minden. Aber keiner an Curses neuer, bis an den Rand vollgestopfter DVD vorbei. Alles, was nicht bei Drei dem Schnitt zum Opfer fiel, wirft der deutsche Rap-Poet nach draußen. Vom Breakthrough-Video "Wahre Liebe" bis zum emotionalen Making Of des "Und Was Ist Jetzt"-Clips, von Splash-Shows mit Drummer bis zur 2003-Tour mit ganzer Liveband. Die Weiterentwicklung immer in Sicht- und Hörweite.
Früher noch wie Creutzfeld/Jakob "grimey und raw" fährt Curse heute eher den Native Tongue-Trip im Stile von Common. Die fünfzehn Videos veranschaulichen diese lyrische und musikalische Veränderung.
Zu Beginn seiner Karriere setzte er noch verstärkt auf Posse-Videos wie "Zehn Rap Gesetze", "Doppeltes Risiko oder "Lass Uns Freunde sein". Seit den Terroranschlägen des 11. Septembers geht Curse jedoch einen politischeren Weg. Erstes Ergebnis: sein drittes Album "Innere Sicherheit".
Im Stile des "Million Men March" der afroamerikanischen Bürgerrechtler zeigt der Mindener auf den "Innere Sicherheit"-Singles "Widerstand" und "Hand Hoch" viel politisches Pathos. Im Gegensatz zum neu entdeckten Interesse an Sozialkritik und Weltgeschehen ziehen sich die Beziehungsprobleme dagegen wie ein roter Faden durch Curses Karriere.
Angefangen mit dem chillig sonnigen Video zu "Wahre Liebe" über das unbeachtete "Warum Nicht" zum grandiosen "Und Was Ist Jetzt". Bei letzterem beweist der Rapper sein schauspielerisches Potential. Da kommt ein Making Of des jüngsten Clips gerade recht. Wie "Grand Paradiso"-Schauspieler Ken Duken dort als Regisseur Curse die Emotionen förmlich ins Gesicht büllt, ist mal ganz großes Kino.
Ähnlich intime Einblicke gibt Curse beim Studioreport zu "Dreht Ab". Alle Rookie-Rapper spitzen bitte die Ohren, wenn der erfahrene Emcee seinen Arbeitsprozess plus Einstellung erläutert. Bei der Einrichtung seiner Gesangskabine und dem exquisiten Equipment aber nicht neidisch werden. Lieber hart arbeiten, um irgendwann auch diese Möglichkeiten zu haben. Curse ist eben schon Vollprofi.
Und das stellt er auch live, zumindest bei seiner "Inneren Sicherheit"-Tour, gekonnt zur Schau. Dominierte beim Splash 2002 noch die roughe Proll-Power, rockt Curse bei den anderen sieben Konzert-Tracks als Entertainer abgeklärt in erdiger Roots-Manier. Eigentlich sollte es ja keinen Curse-Fan geben, der dies nicht bereits mit eigenen Augen vor Ort erlebt hat. Wenn doch: Kauf dir die DVD und ärgere dich!
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