laut.de-Kritik
Zwischen allen Stühlen.
Review von Joachim GaugerWas unterscheidet den deutschen Schlager von guter deutscher Popmusik? Das sind doch wohl die Texte. Nicht erst seit Heino Haselnuss gehört zum Schlager die heile Welt, die etwas Totalitäres hat: es gibt sie nur ganz oder gar nicht. Wer nicht für uns ist ist gegen uns: so denkt auch der Schlagerfan.
Da kann man nicht so einfach die Seiten wechseln. Zumal nicht, wenn man seit Jahr und Tag nichts als Spott und Häme über der Idylle ausgegossen hat. "Wärst du das Meer, würd ich versinken darin, weil ich so gern mit dir zusammen bin" singt Kuhn nun, aber wer kauft dem Brusthaarausreißer das ab?
Dabei ist das Niveau der Texte der Liebeslieder noch erträglich, verglichen mit Schlagerschnulzen wie "Jeder neue Tag" oder "Der Tag". Die nämlich verbreiten genau den ranzigen und grundlosen Optimismus, über den Kuhn sich früher lustig machte, und das noch von oben herab: Warum sich Leute manchmal was verkneifen, will der Frohsinnsfuzzi nie begreifen.
Ich für mein Teil könnte bei so viel (Selbst-)zufriedenheit ausfällig werden, und so fällt es mir schwer, zuzugeben, dass die Band sich schon Mühe gegeben hat. Hübsch gemacht sind zum Beispiel das Crescendo, in das sich "Herzsehen" nach sehr zögerlichem Beginn steigert oder auch das zarte Intro des folgenden "Himmel Verkehrtrum". Bei "Diamant", "Manche Mädchen" und "Hotelzimmerstunden" gibt der Texter sich nicht ganz so einfältig, das lässt dem Sänger mehr Spielraum und plötzlich erreicht "Kuhn" das selbst gesetzte Ziel, "gute deutsche Popmusik" à la Westernhagen zu machen. Aber die gute Laune ist schon hin.
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