laut.de-Kritik
Portisheads Andy Smith zwischen Abgeh-Beats und leisen Tönen.
Review von Miriam WolffWas soll man von einer Platte erwarten, die vorbildlich "Analogue" heißt und mit einem "Schlachtruf im Auftrag des Herrn"-Sample von Preacherwoman Lynn Collins beginnt? Dass sie das Verlangen nach Funk stillt, nach Sounds von Platten und Instrumenten, die für den Transport noch vier gestandene Männer benötigen?
Verspielt und doch nicht überladen beginnt mit dem ersten Track "Hey Yeah" der neueste Auswurf von Dynamo Productions - der DJ-Kombination Scott Hendy und Andy Smith, eben jenem, der für Portishead oft genug an den Turntables steht. Neben Lynns Gebrüll gestalten Bläsersamples, die Gospelorgel und eine Bassdrum, die wie eine Waschschüssel klingt, den ersten Eindruck schön. Dann gibt's noch ein höchst originell verdrehtes musikalisches Intermezzo und den Rappertyp, der dauernd "Yo" und "Yeah" sagt. Funkig, groovend, schräg besetzt, so mag ich das.
Oldschool Hip Hop-lastige Erinnerungen dagegen bei "Back To Basics" - fröhliches Kopfnicken über die saucool frickeligen Spitzenscratchsoli, von dem es auf dem Album etliche gibt, gepaart mit einem durchlaufenden Unisono-Basslauf. Und die Freude über das tighte Schlagzeug macht es auch nicht annähernd so tragisch, dass es schon MCs mit einer, wie sagt man - unlangweiligeren Stimme gegeben hat. Tanzflächenstürmerqualitäten hat spätestens "Steppin It Up", welches durch treibendes Tempo und besonders kühne Soundwechsel brilliert. Wahwah-Gitarre und Clavinet wecken Shaft-Assoziationen im Zentralhirn.
Gerade durch den ungestümen Hang zu vielseitigen Spielereien ist auf "Analogue" jeder Song in sich eine kleine Reise. Durch Hip Hop und Soulszenarien, lecker ausgewählt, originell zusammen gezimmert und mit erlesenen, oft durchaus kuriosen Abrundungen versehen. Wie beispielsweise ein bis dato unbekannt softes Wüstencembalo oder die zunächst nervenden, dann pure Seufzstimmung verbreitenden Geigen.
Und neben preisenswerten Abgeh-Beats herrschen auf dem Album wahrlich auch meisterhaft die leisen Töne. "Three Dimensional" - das streckenweise aus nichts als einer summenden, bestimmt wunderschönen Frau besteht - ist nur eines der exzellenten Beispiele dafür, wie durch wenig viel Stimmung verbreitet werden kann. Vorausgesetzt, man wählt so hübsch aus wie Andy und Scott.
"Analogue" is gudd. Auf Partys von Leuten mit sogenannten Retro-Klamotten, in einen Cabrio, oder unter Zuhilfenahme eines italienischen milchschaumlastigen Kaffeegetränks in der Hängematte liegend - mit einem Hauch von Sonne im Gesicht. Prädikat schmacko.
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