laut.de-Kritik

Diesen Songs sitzt der Schalk im Nacken.

Review von

Gerade in den letzten beiden Jahren wurde es sehr still um die Spaßmetal-Institution aus Fulda. Wohl auch, weil Tobias Sammet mit seiner Rock-Oper Avantasia riesen Erfolge feierte. Zudem fiel der 2008er Output "Tinnitus Sanctus" mit den gewohnten Rezepten zwar nicht sonderlich negativ auf. Doch auch die filigrane Gitarrenarbeit konnte das eindimensionale und teilweise lieblose Klangbild nicht kaschieren.

Und nun? Der Harlekin blitzt nun nicht nur vom Cover, auch den Songs sitzt gehörig der Schalk im Nacken. Jeder Titel geht gut ins Ohr und ist mit Melodien veredelt, die den harmonisch immer mit Finesse herausgehobenen Refrains die Krone aufsetzen. All die unwiderstehlichen Trademarks von Edguy kommen diesmal noch besser zur Geltung. Hinzu gesellt sich ein Abwechslungsreichtum, der selbst eine Band wie Blind Guardian aussticht.

Die mit Hörspielelementen und Dio-Hommagen angereicherte erste Single "Robin Hood" ist ein ironischer Abgesang auf das romantisch geschönte Bild des Kleinganoven und zitiert im Mittelteil fleißig die Spoken-Word-Sequenz aus Maidens "Rime Of The Ancient Mariner". Die trauten, Spaß garantierenden Speed-Granaten "Nobody's Hero" und "The Arcane Guild" dürften kaum einen Fan der Frühphase enttäuschen. Das irgendwo zwischen Walter von der Vögelweide, Michael Flatley und Hansi Kürsch angesiedelte Folk-Epos "Rock Of Cashel" lädt dazu ein, mit Federboa bestückt ein Burgfräulein zu bezirzen.

Nebenher öffnen Toby und Co. die Büchse der Pandora und lassen Country-Einflüsse in bester "/wortlaut/artists/b/bon_jovi/index.htm"-Manier mit harten Gitarren kollidieren. Die beiden mit einer unwiederstehlichen Synthie-Hook versehenen Zwillingsnummern "Breathe" und "Two Out Of Seven" greifen auf die Achtziger zurück und fräsen sich in die Hirnrinde ein.

Halten bei Bands wie Iron Maiden oder Metallica die früheren Alben Klassikerstatus inne, so mussten sich Edguy als zweite Generation im Gefolge der Achtziger-Speedsterne Helloween erst einmal ein Renommee aufbauen.

Die Konstanz im Bandgefüge, die Mammut-Tourneen rund um den Erdball sowie die Entwicklung über nunmehr zehn Studioalben sind die Gründe dafür, dass Tobi Sammet und Co. ihrem neuesten Diamanten den Feinschliff verpasst haben. Dazu klingt der Gesang besser denn je, das Gitarren-Duo Ludwig/Sauer schüttelt Riffs und Licks zum Schädel spalten und Mitjohlen im Sekundentakt aus dem Ärmel, und die Rhythmus-Fraktion Bohnke/Exxel sind der Fugenmörtel für Sammets Luftschlösser.

Das düstere Riffing und die ungewohnten Akkord-Progressionen stehen "Faces In The Darkness" gut zu Gesicht, "Fire in The Downline" punktet mit Abwechslungsreichtum und einem smashigen Refrain. Wer immer mal wissen wollte, wie es "Behind The Gates To Midnight World" zugeht, sollte sich das entsprechend betitelte neunminütige Bombast-Feuerwerk reinziehen.

Einen gemächlichen Ausklang erfährt die Scheibe mit der im Vergleich doch recht schwachen Schmuse-Nummer "Every Night Without You", was am Gesamteindruck - Five Out Of Five - nichts ändert.

Trackliste

  1. 1. Robin Hood
  2. 2. Nobody's Hero
  3. 3. Rock Of Cashel
  4. 4. Padora's Box
  5. 5. Breathe
  6. 6. Two Out Of Seven
  7. 7. Faces In The Darkness
  8. 8. The Arcane Guild
  9. 9. Fire On The Downline
  10. 10. Behind The Gates Of Midnight World
  11. 11. Every Night Without You

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