laut.de-Kritik
Mal poppig, mal episch, aber immer großartig!
Review von Michael EdeleHolland scheint als Inspirationsquelle im Hause Everon eine ganz entscheidende Rolle zu spielen. Nachdem die Band 2002 einen kreativen Doppelschlag in Form von "Flesh" und "Bridge" hingelegt hatte, war es lange Zeit sehr ruhig um das Quartett geworden. Doch nachdem sich Oliver Philips 2005 an die niederländische Nordseeküste zurückgezogen hat, kam er fünf Woche später mit neuem Material an, welches nun auf dem siebten Studioalbum zu hören ist.
Überraschend hart und erdig legt der Opener "Hands" los. Keine bombastische Orchestrierung, sondern relativ hart rockende Gitarren, die fast schon ein Alternative-Feeling aufkommen lassen. Dann bricht jedoch Olivers warme Stimme durch, getragen von einer akustischen Gitarre und man merkt: Eigentlich alles beim Alten; Zeit sich wohl zufühlen. Die elektrische Gitarre spielt durchaus ihre Rolle und neben leichten Streichern sind vor allem die Klaviermelodien wieder großartig. Verbreitet der Einstieg ein gewohnt angenehmes Gefühl, geht es in "Brief Encounter" deutlich melancholischer und nachdenklicher zu.
Auffallend stärker orchestriert und mit Ollis typischer Art und Weise, eine Geschichte zu erzählen, zeigen sich Everon von ihrer epischen Seite, die man von ihnen erwartet und kennt. Balladesk und eher hoffnungsvoll, denn melancholisch (trotz des gleichwohl tragischen Textes) geht es in "From Where I Stand" zu, bei dem auch der britische Cellist Rupert Gillet ein Gastspiel gibt. Auch zum folgenden "Test Of Time" trägt der Mann seinen Teil bei und legt ein fantastisches Intro vor. Darauf baut die Band mit leicht komplexer Rhythmik auf, ohne den Song dabei weniger zugänglich zu gestalten und zum Refrain hin nochmal richtig zu rocken.
Ausgeprägte Melancholie tritt schließlich wieder im hauptsächlich vom Klavier getragenen Titeltrack auf. Aber irgendwie bekommt man bei der Band davon nie genug und genießt es, sich seinem Herzschmerz hinzugeben. Der hat im für die Band sehr ungewöhnlichen "South Of London" nichts zu suchen, geht es hier doch um weltliche, politische Themen. Ist die Strophe noch düster und elektronisch, so bricht im Refrain schon wieder musikalischer Sonnenschein durch.
Ein wenig sehr pathetisch und kitschig wird es mit "Wasn't It Good", das vielleicht doch ein wenig übers Ziel hinaus schießt, in der entsprechenden Stimmung aber bestimmt auch seine Freunde findet. Wunderschöne Klaviermelodien zuhauf gibt es anschließend wieder in "Woodworks", wobei man auch das ein oder andere tolle Gitarrensolo nicht außer acht lassen sollte. Was die Motorsäge da drin zu suchen hat, bleibt wohl für immer das Geheimnis der Jungs.
Die nächste Überraschung wartet mit der Ballade "Islanders" auf den Hörer, denn nicht Oliver steht hinterm Mikrofon, sondern Judith Stüber, die schon öfters mit der Band auf der Bühne stand und dem Song eine ganz eigene, wenn auch recht poppige Note gibt. Das ändert aber nichts daran, dass auch "Islanders" ein wunderschönes Stück Musik ist. Nach soviel Entspannung wird es mit "Running" zum Ende hin in den Strophen noch einmal dynamischer. Der Refrain bietet hingegen wiederum Musik von epischer Schönheit mit glanzvollen Melodien, wie man sie von Everon kennt und liebt.
Sämtliche Worte sind hier eigentlich müßig, denn wer die Band kennt und schätzt, wird sich "North" ungehört ins Regal stellen. Wer neugierig geworden ist, sollte sich für die CD ein wenig Zeit nehmen und sich beim anhören einfach mal entspannen und gehen lassen. Es lohnt sich auf jeden Fall.
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