laut.de-Kritik
Großartige Liebeserklärung an den Hip Hop.
Review von Dani FrommSchon wieder ein Ferris-Album? Was kann man da schon erwarten? Nüchtern betrachtet? Der hässlichste MC des Landes, wenn nicht der Welt, brüllt sich noch heiserer, als er ohnehin schon ist, zu Rock-Samples, die dem nicht durch und durch hartgesottenen Gitarrenmusikfreund den Angstschweiß in Bächen den Rücken runter laufen lassen. Nüchtern betrachtet.
Ich mag ja Ferris. Ferris ist Rock'n'Roll. Ferris macht BUMM - allerdings immer nur einen Track lang. Dann reicht es auch wieder. Dicke. Und jetzt? Schon wieder ein Ferris-Album. OK. Klar, dass es als "das beste Ferris MC-Album, das es je gab" angepriesen wird. Weniger klar, dass das die Wahrheit ist, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Das IST das beste Ferris MC-Album, das es je gab. Ich bin entzückt, begeistert und hochgradig amüsiert.
Zwar haben wir es hier nicht mit 13 Meisterwerken zu tun, wohl aber mit einem Album, das über die volle Länge hörbar ist, das auch beim zweiten und dritten Durchgang überhaupt nicht nervt, und bei dem ich mich mehr als einmal breit grinsend bei einem durchaus gehässigen JAWOLL erwischt habe. Man sollte sich vielleicht Gedanken machen. Aber, ganz ehrlich: 1000 gute Gründe, warum man sich betäuben muss, die finden wir doch alle. Und ein Vorschlaghammer im Gesicht des Rivalen, sehr plastisch ... doch ... das kann schon Freude bereiten.
Ferris ist merklich entspannter geworden. Nicht mehr so gehetzt, und er plärrt auch nicht mehr ganz so furchtbar, wie es auf seinen bisherigen Alben Standard war - von der Ausnahme "Besser als die Besten" mal abgesehen; dieser Tiefpunkt wäre auch auf "Fertich!", der schlechtesten Ferris-Platte aller Zeiten, überhaupt nicht aufgefallen.
Aber der Rest: Ja, bitte. Gerne noch mal, und gerne auch lauter. Unter anderen wieder die Hände im Spiel hatten die Herren Stylewarz und Thomilla; sauber produzierte, satte Beats - wer würde da meckern wollen? Mit einer gewissen Dreistigkeit (und natürlich nur, wenn die Dancehall nicht voller Puristen steckt) ließe sich "Mein Leben" durchaus in einem Ragga-Set unterbringen. Die Single-Auskopplung wird "Was wäre wenn...?" sein - eine ordentliche Nummer, die zwar nicht in der ersten Reihe des deutschen Hip Hop glänzt, sich in der dritten aber bestimmt nicht verstecken muss.
Mit "F.E.R.R.I.S." und "Jawohl is richtig" haben wir die 'Wer ist der Derbste und hat die dicksten Eier'-Tracks, ohne die eine Hip Hop-Platte eben keine Hip Hop-Platte wäre. Ein bisschen Drogenkonsum, ein bisschen Frauenverachtung, ein bisschen Gewaltverherrlichung... das macht Spaß. "Augen zu" liefert mit dem oben erwähnten Vorschlaghammer die Garantie, dass dieser Song zum Schutze der Jugend, die sich anderenfalls garantiert in Scharen zu Klettertouren in den ersten Stock aufmachen würde, niemals im Radio gespielt werden wird.
Mein persönlicher Favorit allerdings - sofort beim ersten Hören, und bei allen weiteren auch: "Größer als Gott". Eine großartige Liebeserklärung an den Hip Hop, wie sie die Süchtigen unter uns - so oder anders, und dann meist deutlich schlechter - zwar schon 1000 mal gehört haben, die uns aber trotzdem mit nichts anderem zurück lässt, als mit einem fetten 'Genau so isses'-Grinsen. Weil: Genau so is' es eben. Eins ist allerdings glatt gelogen: Ferris sieht NICHT gut aus! Und er ist schon gar nicht schöner, als die Natur erlaubt. Aber das ist auch überhaupt nicht nötig. Es sind schließlich die inneren Werte, die zählen, und letztlich triumphiert, wer den dickeren Vorschlaghammer hat. Zieht euch warm an.
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