laut.de-Kritik
Privater Bassunterricht bei Flea?
Review von Mathias MöllerDer erste Eindruck von Fidget auf "The Merciless Beauty" ist kein guter. So etwas wie Kehlkopfgesang begrüßt den Hörer und man muss unweigerlich an buddhistische Mönche und Meditationsmusik denken. Zumindest aber an Peter Maffays Ethnoplatte "Begegnungen". Doch Daniel erlöst uns bald. Daniel ist der Basser von Fidget und er legt auf "Distance Vs. Desire" funkend los, dass man meinen könnte, er hätte Privatunterricht bei Flea genommen.
Überhaupt, und das merkt man recht schnell, hat man es bei Fidget mit einer technisch versierten Band zu tun. Die Rhythmus-Sektion ist tight, die Drums fillen und rollen was das Zeug hält. Die Gitarren finden das richtige Maß an Druck und werden zum Teil recht innovativ eingesetzt, und die Stimmen von Darline und Thomas können sich hören lassen. Kurzum: "The Merciless Beauty" sprüht nur so vor Ideenreichtum und instrumentalen Fertigkeiten.
Und genau hier liegt das Problem, wenn man überhaupt eins mit Fidget haben kann: Das Album läuft in alle Stilrichtungen davon. Alternative, Indierock, Balladen, Funk, sogar Swing-Anleihen und Punkrock hört man auf "The Merciless Beauty". Das wirkt manchmal ein wenig unentschlossen, richtungslos. Wenn "Better Than This" am Ende in eine wilde Ballroom-Szene ausartet, fragt man sich fast, ob noch dieselbe Platte läuft. Textlich wirken die Songs manchmal etwas umständlich, aber das lässt sich wohl kaum vermeiden, wenn man in einer Fremdsprache singt.
Die beiden Gesangsstimmen harmonieren dennoch gut miteinander. Wenn sie sich die Bälle zuspielen wie bei "Sri Lanka", merkt man, dass die Band bereits eine Weile zusammen spielt. Ein musikalischer Leckerbissen ist "Mojo", das mit Hammondorgel und Bläsern großartig arrangiert wurde. Hier mag man kaum glauben, dass Claus Grabke, Alternative-Allstars-Rocker von Beruf, die Knöpfchen für die Aufnahmen gedreht hat. Leider zeigt sich hier die Schwäche des Albums. Die Energie von "Mojo" verpufft völlig im Übergang zu "Perfect", einer (über-)langen, langsamen Nummer, die übrigens im Freien aufgenommen wurde.
Gleich danach nimmt das Album mit "Hear You Scream" wieder Fahrt auf. Sänger Thomas lässt sich sogar zu Screamo-Einlagen hinreißen. Die Experimentierfreude können Fidget scheinbar kaum im Zaum halten. Der Übergang von "Platitude" zu "Anytime & Anywhere" gestaltet sich als gehetztes Getrampel und "Anytime & Anywhere" enthält wohl die bestechendste Gesangsmelodie des Albums. Doch auch hier kommen Fidget nicht ohne frickelndes Störfeuer aus.
Der Eindruck drängt sich auf, dass Fidget versucht haben, zuviele verschiedene Ideen in einem Album unterzubringen. Darunter leidet die Homogenität und die Atmosphäre der Platte. Das ändert aber nichts daran, dass alle Musiker ein äußerst fähigen Job abliefern. Auf jeden Fall gelingt es ihnen, einen eigenen Sound mit einem hohen Wiedererkennungswert zu entwickeln.
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