laut.de-Kritik
Ein entspannter Tag am Meer.
Review von Eberhard DoblerGizmo Varillas gehört zu jenen Musikern, denen man Respekt zollt. Selbst, wenn radiotauglicher Pop nicht zu den persönlichen Favoriten zählt. Der in London ansässige Katalane erledigt seine Arbeit gerne im Alleingang: Songs, Arrangements, Vocals, Instrumente. Letztere sind auf seinen Platten in durchaus beeindruckender Fülle zu hören. Gleichwohl standen ihm diesmal Mike Kenna (Bass) und Jesper Lind (Drums) zur Seite.
Doch vom reinen Handwerk abgesehen: Varillas' grundsätzlich optimistischen und nie zu langen Songs gehen extrem leicht ins Ohr - ohne, dass ihnen Klasse oder Ernsthaftigkeit abgehen würde. Pop von der Stange liefert der Spanier nicht. Natürlich hört man Bezugsgrößen heraus. So finden sich auf jeder seiner Scheiben zwei oder drei Stücke, die angenehm an Paul Simon ("One Day At A Time", "Out Of The Darkness") oder den Pop Ende der 60er/Anfang 70er erinnern.
Doch Varillas kombiniert stets andere Elemente hinzu. Omnipräsent ist die Musik seiner Heimat bzw. der hispanische Einfluss, etwa auf der Rhythmusebene, aber auch die akustischen Saiteninstrumente knüpfen an dieses Erbe an. Zuweilen singt Gizmo zudem auf Spanisch ("Bella Flor" oder "Danza De Sombras"). Auf der anderen Seite drängen sich auch Bezüge zur britischen Popmusik auf.
Und so haben Varillas' Songs nicht selten mehrere Gesichter: Die Leadsingle "Born Again" schwenkt in kürzester Zeit vom funky Indiedance-Intro zum Vocoderpop im Refrain um. Im Duett mit der Dreampop-Atmo des Openers "Love Over Everything" stehen beide Tracks für die Ausrichtung des dritten Albums, das nun stärker auf Globalpop abzielt.
Die instrumentale Bandbreite, in der sich Varillas dabei bewegt, zeigen etwa der Clubpop "Burning Bridges" einerseits und das andererseits von Singer/Songwriter-Momenten durchzogene "Cold" auf. Ein Höhepunkt des Albums stellt "Writing's On The Wall" dar: smoothe Bassline, Jazz-Besenspiel, Streicher und eine herrlich flowender Refrain. Gizmos eher unauffällige Stimme steht hier deutlicher im Vordergrund. Ansonsten fügen sie sich eher ins Gesamtbild ein.
Perlende Synthies und sommerliches Flair prägen das schöne "Keep Shining On". Und fast könnte man schwören, im Refrain U2s Bono zu hören. Die Afrobeat-Legende Tony Allen trommelt als Gast auf "Saving Grace". Der legendäre Drummer starb nur wenige Wochen vor der Veröffentlichung des Albums.
Am Ende bleibt leichtfüßige, melodiöse, tanzbare, niveauvolle Popmusik. Die Frage, ob Varillas Lieder hängen bleiben, stellt sich kaum. Der Grund: Man hat eine gute Zeit. Die Musik schreitet voran wie ein entspannter Tag am Meer. Seine Fähigkeiten stellt er dabei nie zur Schau. Varillas ist kein Angeber, und bei der nächsten Urlaubsfahrt in den Süden schallen seine Songs aus den Boxen.
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