laut.de-Kritik
Ansprechendes Songwriting von der Exil-Kubanerin.
Review von Joachim GaugerGloria Estefan lässt sich nicht festlegen. Ihr neues Album "Unwrapped", an dem unter anderen Stevie Wonder und Chrissie Hynde mitgewirkt haben, klingt wieder einmal ganz anders als der Vorgänger. Auf "Alma Caribena" hatte Gloria Estefan ihre karibische Seele wieder hervor gekramt, nachdem die zuletzt erschienen Alben auf den Mainstream-Markt Amerikas abzielten und doch recht glatt geraten waren.
Wer sich an die billigen Sounds und vom Drumcomputer simpel gestrickten Rhythmen früherer Estefan-Alben erinnert, musste sich schon beim Hören von "Caribbean Soul" erst mal verwundert den Schmalz aus den Ohren pulen, so frisch und lebendig klang Glorias Bekenntnis zu ihren Wurzeln. Auch wenn die Exil-Kubanerin auf der neuen Scheibe "Unwrapped" wieder englisch singt und sich ein wenig von ihrer musikalischen Heimat ab-, und dem Pop zuwendet, hat sie sich doch die Frische und Lebendigkeit bewahrt.
Der Drumcomputer hat offenbar endgültig ausgedient: neben dem warmen akustischen Klangbild sind die abwechslungsreichen, gelegentlich immer noch karibisch anmutenden Rhythmen das hervorstechendste Merkmal des neuen Outputs. Gleich der zweite Song "Te Amaré" kommt mit akustischen und Steel-Gitarren und den voran stürmenden Drum-Arrangements fast hitverdächtig flott daher.
Das Prädikat "hitverdächtig" verdienen sich allerdings noch mindestens drei weitere Tracks auf "Unwrapped". Da wäre als erstes natürlich die erste Single "Wrapped" zu nennen, die vor allem mit ihrem überaus herzerfrischenden Chorus punktet. Ähnlich melodiestark präsentieren sich auch ruhigere Stücke wie "Time Waits" oder "Dangerous Game", doch so richtig der Atem stockt erst wieder, wenn Stevie Wonder, der große alte Mann des Soul, ans Mikro tritt.
Dabei fällt Wonders Beitrag zum Refrain weniger ins Gewicht als seine Mundharmonika-Soli. Doch gerade das beweist die Liebe zum schön gestalteten Detail, die auf dieser Platte fast durchweg hörbar ist. Keine großen Sehergaben braucht man übrigens, um auch dem folgenden Duett mit Chrissie Hynde zumindest massig Radio-Airplay, wenn nicht Charts-Erfolg zu prophezeien. Natürlich drehen sich die Texte wieder ausnahmslos um Liebe, natürlich darf auch die eine oder andere Schnulze nicht fehlen. Trotzdem: wer auf gut gemachten Latin-Pop steht, dürfte mit "Unwrapped" glücklich werden.
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