laut.de-Biographie
Herrenmagazin
Warum haben Herrenmagazin aus Hamburg eigentlich einen Plattenvertrag bekommen? "Weil alle den Rasmus kannten", schreibt die Band. Das ist ehrlich und sagt viel über Rasmus Engler und das engmaschige Musikernetzwerk Hamburgs aus. Engler hat in jungen Jahren für Intro und Konkret geschrieben, 2007 hat er ein Interview-Buch über die Existenzentwürfe freiberuflicher Kulturschaffender veröffentlicht. Der Titel: "Wovon lebst du eigentlich?".
Engler kennt Robert Stadlober, mit ihm belebte er die Band Gary nach mehrjähriger Schaffenspause wieder. Außerdem pflegt er eine enge Freundschaft zu Tocotronic-Bassist Jan Müller, mit dem er die spaßorientierten Nebenprojekte Das Bierbeben und Dirty Dishes unterhält. 2004 gründet Engler mit Deniz Jaspersen und Philip Wildfang die Gruppe Herrenmagazin, der Anspruch ist wie immer erst einmal semiprofessionell.
Mit Paul Konopacka stößt ein Jahr später noch ein Bassist zu dem Trio, nach einem Demo mit vier Songs und zwei Konzerten in Hamburg hat die Band schon den Vertrag bei Motor Music in der Tasche. "Weil alle den Rasmus kannten" - und, weil angeblich auch Timo Sauer von Schrottgrenze ein gutes Wort eingelegt hat. Der Nachsatz der Band steht dennnoch für sich: "Wir konnten uns dadurch auf das Wesentliche konzentrieren: Saufen".
In Sachen Trinkfestigkeit machen sich Herrenmagazin – von Engler in der Namensgebung eigentlich im Scherz als schmierige Bar-Jazz-Combo konzipiert – auf ihren ersten Touren tatsächlich alle Ehre. Man fühlt sich von der rumpelnden und doch herzlichen Art der Band etwas an die Anfangsjahre Tomte zurück erinnert.
Thees Uhlmann und Deniz Jaspersen eint auch das gemeinsame Vorbild: John K. Samson von den Weakerthans. Engler dagegen steht mehr auf die ausgewiesenen Trinker von Guided By Voices.
Es soll ganze vier Jahre dauern, bis nach einigen Vinyl-Singles endlich Herrenmagazins Debütalbum "Atzelgift" 2008 in den Läden steht. Zu diesem Zeitpunkt ist ein zweites Album längst geschrieben. Die Band selbst nimmt es mit Humor, fordert Konzertbesucher in Hannover gar auf, das eigene Label mit Hassmails zu terrorisieren. Marcus Wiebusch von Kettcar ist jedenfalls voll des Lobes: "Das Album hält jedes Versprechen. Spitzenproduktion, Spitzensongs."
Tatsächlich haben sich Herrenmagazin auch bei Wiebusch stilistisch etwas abgeschaut. Deutscher Post-Punk und klassischer Indie-Rock der C86-Generation sind die Steckenpferde der Band, die Texte sind dabei durch und durch hanseatisch: melancholisch, poetisch, aufrichtig, sprachwitzig.
Die Heimat ist für Herrenmagazin Dreh- und Angelpunkt. Mit der Audiolith-Clique um Clickclickdecker ist man freundschaftlich genauso verbunden, wie mit Hamburger Punkbands wie Captain Planet und den Peters. Von letzterer, mittlerweile aufgelösten Band, hat man mit dem berüchtigten "König Wilhelmsburg" mittlerweile auch den Gitarristen übernommen.
So kann im Sommer 2010 nach zig Touren auch ihr zweites Album "Das wird alles einmal dir gehören" erscheinen. Es ist etwas weniger ungestüm und ruppig, dafür ein Stück souveräner und gelassener geworden. Mit gesanglicher Unterstützung von Gisbert zu Knyphausen traut man sich sogar an eine kleine Hymne heran: "Alle sind so".
2013 steht der Drittling "Das Ergebnis Wäre Stille" an und schlägt ruhigere Töne an. Eine Entwicklung, die sich 2015 mit "Sippenhaft" fortsetzt, das nach dem Aus von Delikatess Tonträger auf dem Grand Hotel Van Cleef-Label erscheint. Den Platz der rotzigen Gitarren nehmen nun ein sanftes Klavier und wonnige Streicher ein. Am Abgrund zum Schlager tänzelnd, bietet die Band nun erwachsene Romantik, die mehr an Erdmöbel oder die unterschätzten Virginia Jetzt! als an Tomte oder Tocotronic erinnert.
Herrenmagazin jedenfalls sind so etwas wie die normalste Band der Welt. Und das ist wohl das größte Kompliment, das man ihnen machen kann.
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