Die Hamburger Indie-Band verbreitet ein bisschen Lehrerzimmer-Atmosphäre im ausverkauften Feierwerk.

München (csl) - Wollte man eine etwas launische Überschrift für das Herrenmagazin-Konzert am Wochenende in München bemühen, könnte man von Lehrer:innenzimmer-Atmo sprechen - wohlgemerkt: im angenehmsten Sinne!

So eröffnet WIM den Abend im Feierwerk: In ihren Liedern, in denen sie sich selbst am Klavier und mit Rhythmus begleitet, ruht die Songwriterin sichtlich total. Schade jedoch, dass die Lieder live biederer und weniger lebendig wirken als ihre Studioaufnahmen. Bleibt man im eingangs bemühten Bild einer Schule, wirkt der halbstündige Auftritt der Hamburgerin wie jener einer neuen Referendarin. In dieser ein wenig unbedarften Natürlichkeit liegt aber auch jede Menge Charme.

Ein 'unterspannter' Start

Herrenmagazin wirken wiederum in ihren braven Hemden schon rein optisch so, als würde sie die Polizei - nicht einmal die bayerische - niemals einer Personenkontrolle unterziehen. Um etwaigen Missverständnissen zuvorzukommen: Ich mag die Band, sehr sogar, und schätze sie seit vielen Jahren! Umso bedauernswerter, dass das Set der Hamburger etwas 'unterspannt' beginnt, wie man im Schauspielkontext sagen würde.

Dabei passt die Atmosphäre zum Start perfekt: Angenehm dunkles Licht, die Dietrich vom Band ("Wenn Ich Mir 'Was Wünschen Dürfte"). Dann "Wütende Gespenster" als erster Song: Leider einen Tick zu langsam, so als könnten nicht alle auf der Bühne beim Originaltempo mithalten. Dazu wirkt der Sound zu wenig satt, als wäre er um eine Gitarre reduziert, vielleicht sogar ein wenig verstimmt. 

Der Knoten platzt

Herrenmagazin geben sich sympathisch bescheiden: Die Band freut sich über den ausverkauften Gig und berichtet, man habe befürchtet, vielleicht sogar alleine im Feierwerk zu stehen - schließlich sei man in München zehn Jahre lang nicht mehr aufgetreten. "In Den Dunkelsten Stunden", "Fahne" oder "Lang Nicht Mehr Da" - musikalisch nimmt der Abend Fahrt auf. "Zum Teufel", "Halbleere Worte", "Erinnern", "In toten Hügeln" und "Letzte Ausfahrt" folgen. Sänger Deniz Jaspersen freut sich auch über die Kids im Publikum, die er entdeckt.

Bei "Alle Sind So" platzt der Knoten dann endgültig, das Feierwerk singt lauthals mit, auch wenn sich die Bewegung im Publikum in Grenzen hält. Dasselbe Bild bei "Unvollständig", "Keine Angst" und natürlich "Lnbrg", dessen Refrain wieder aus allen Kehlen mitgesungen wird. Überhaupt fällt auf, dass die Fans eher das alte Material feiern und weniger die Songs vom feinen, aktuellen Album "Du Hast Hier Nichts Verloren". "Krieg" beendet den regulären Teil des Sets.

Encore

Nach kurzer Pause beginnt "Ich Bin Für Dich Da" den Zugabenblock ruhig, schraubt "Gold Für Eisen" wieder hoch, bevor "Früher War Ich Meistens Traurig" einen phänomenalen Schlusspunkt setzt - alles singt, und ja, viele tanzen - und Deniz noch ein zweites Mal für "Im Wind" zurückkehrt.

Ein mitreißender Abend einer Band bleibt im Gedächtnis, die ihr Set mit gleichsam reflektierten und heiteren Ansagen würzt - etwa die Anekdote über einen Gefängnisauftritt: Deniz dachte zuerst, das 'J' in JVA stünde für 'Jugend' statt 'Justiz'. Und als er dort die Zeile "Na toll: Es geht nach Hause, kannst du dich wirklich darauf freuen?" sang, schoss ihm im gleichen Moment der Gedanke durch den Kopf: 'Ist das jetzt nicht zynisch?' Und so steht am Ende die Erkenntnis: Bestünde diese Band tatsächlich aus Lehrern, würde man sich von diesen nur zu gerne unterrichten lassen!

Text: Christian Schmitz-Linnartz.

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1 Kommentar

  • Vor 30 Minuten

    "...wenn sich die Bewegung im Publikum in Grenzen hält." Mimimi. Es muss nicht überall und immer ein Moshpit entstehen. In Leipzig wurde ziemlich textsicher mitgesungen, bei allen Songs - inkl. Fragment. Aber zum rumtoben kommt da niemand. Falsche Band, Mr. Ebi.