laut.de-Kritik
Österreich groovt im Reggae-Rhythmus.
Review von Dani FrommÖsterreich groovt, und wann immer es dies im Reggae-Rhythmus tut, ist Sam Gillys Formation House Of Riddim nicht weit. Ähnlich den schweizerischen Kollegen von den Scrucialists erspielte sich die Truppe über die Jahre einen exzellenten Ruf als Backing-Band, die den unterschiedlichsten Vokalisten auf alpenländischen und anderen Bühnen den Rücken frei hält.
Zeugnisse exzellenter Handwerkskunst und des geradezu unheimlichen Einfühlungsvermögens, das im Hause House Of Riddim regiert, birgt der Sampler, dessen Titel gleich in mehrfacher Hinsicht geschickt gewählt wurde. "Für Alle" eignet sich in der Tat für alle Freunde jamaikanischer Volksmusik mit deutschen (respektive österreichischen) Texten, und es demonstriert, für welche Vokalisten Gilly und Konsorten einen angemessenen Begleit-Service aufziehen, schlicht: für alle.
Ob schnodderige Systemkritik aus dem Munde des eidgenössischen Singjays Phenomden, die fröhlich quakende Mission von Thai Stylee, Cappuccinos melancholisches Endlos-Bedauern, des Ganjamans unfassbar vergnügte Utopie vom Untergang Babylons oder die von Mellow Mark und Volkanikman initiierte, ganz und gar unzweideutige Friedensbewegung: House Of Riddim treffen stets den richtigen Ton und liefern weit mehr als Untermalung.
In der musikalischen Interpretation spiegeln sich die oft nicht ganz frischen, zuweilen gutmenschelnd dünkenden, jedoch ungebrochen aktuellen Worte und erhalten zusätzlichen Rückenwind. Wohl gesetzte Bläser, erdverbundene Basslinien und geschickt platzierte instrumentale Detailarbeit umfließen Sänger, die unterschiedlicher kaum agieren könnten.
D-Flame feiert - nach Jahren "Immer Noch" - mit einem gut gelaunten Love-Tune seine Perle der Karibik, stilecht umrahmt von ritschenden Ratschgurken, Keyboards und Steeldrums. Ein Dub-lastiges Vorgeplänkel ebnet den Herren Texta den Weg.
Warme Saxophon-Klänge korrespondieren mit der deutlich sanfteren Stimme Nattyflos, während das gesanglich höchst ungleiche Pärchen Mono & Nikitaman Dancehall-infizierte Bässe verpasst bekommt. Dr. Ring-Ding, selbst auch nicht gerade mit einem unterentwickelten Mundwerk gesegnet, prangert die "Große Fresse" zu vieler Zeitgenossen an und greift - keiner kanns besser - gleich selbst zur Posaune.
Jeder kriegt, was er verdient. Die kräftigeren Vocals des Bounty Chillers vertragen dichteren, vielschichtigeren Sound als ein freundlicher Mahner vom Schlag eines Rebel One: Ihn begleiten dafür jaulende Gitarren, Keyboard-Akzente und eine leise Sehnsucht, dass man einen dreadgelockten Lucky Luke gelassen in den Sonnenuntergang reiten zu sehen vermeint.
Am besten bringen unabhängig voneinander Nattyflo und Benjie die untadelige Leistung von House Of Riddim auf den Punkt: Eine gelungene "Verbindung zwischen Theorie und Praxis" feiert der eine, während der andere befindet: "Diese Sache ist nicht neu, aber bricht sich trotzdem Bahn." Nosliw, gefühlt als einziger nicht vertreten, würde sagen: "Jau!"
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