Iggy Pop - " Avenue B"

Iggy Pop sieht mal wieder fertig aus. Die blau-grauen Augen weit aufgerissen, den Mund schmallippig geschlossen, das Gesicht noch drahtiger und eingefallener als sonst, die dünnen Haare stränig. So fertig schaut er uns von seinem neuen Album aus an - so fertig, als wolle er schon vor dem ersten Akkord kundtun, wie schwer ihm die Arbeit zu diesen 13 Songs gefallen ist.

Es muß aber mehr mentale als physische Arbeit gewesen sein, die ihn so hat altern lassen. Der Punk der vergangenen 30 Jahre - er ist weg. Er ist gewichen zugunsten der Melancholie und der selbstanklagenden Texte.

Benannt hat Iggy Pop sein Album nach der Straße, in der er in New York City lebte. Doch Avenue B ist auch der alternative Weg, den er in seinem 53. Lebensjahr eingeschlagen hat. Die exessiven Jahre seit dem Beginn mit den Stooges scheinen vorbei; erschrocken begreift er die fortgeschrittene Realität ("It was in the winter of my fiftieth year when it hit me ... and there wasn’t a hell a lot of time left") und zieht ein düsteres Zwischenfazit, vor allem über sich selber: "Everything leads to corruption ... corruption rules my soul."

Musikalisch untermauern Iggy Pop und sein Produzent Don Was den Seelenstriptease nur mit dem Notwendigsten. Roh und einfach haben sie Avenue B gehalten und doch ist das Album auch reif. Das liegt vor allem am Jazztrio Medeski, Martin And Wood, das bei einer Reihe von Songs einen relaxten Background-Teppich legt.

Der Altersweisheit gänzlich gewichen sind die flotten Töne bei Iggy Pop nicht. Sie haben sich allerdings rar gemacht. "Shakin' All Over" ist einer der wenigen Songs, auf denen sich der Altpunker austobt. Doch auch nicht so richtig: Der Song stammt aus dem Jahr 1960 und ist ein Cover von Johnny Kidd.