laut.de-Kritik

Die Mittelalter-Rocker zeigen sich vielseitiger als früher.

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Wer mit dem Arsch nur daheim auf dem Sofa parkt und sich die Eier schaukelt, anstatt sich vor die Tür zu bewegen und aktiv am Leben teilzunehmen, der muss sich nicht wundern, wenn er sich von allen neuen Einflüssen abschottet und sich nur um sich selbst dreht. Was passiert also mit denen, die die Welt ihr Zuhause nennen?

Die Antwort geben In Extremo ganz klar mit ihrem mittlerweile neunten Album "Sängerkrieg", denn allzu lang haben sich die sieben Spielmannsleute noch nie an ein und demselben Ort aufgehalten. Fast schon als Vorgabe für ihr gemeinsames Tun und Schaffen stehen da sowohl eingängige, als auch relaxte Songs wie "Neues Glück", oder "Frei Zu Sein", die die Einstellung der Band bestens charakterisieren. Immer auf Achse, neue Einflüsse erleben und in sich aufsaugen, um diese mit den eigenen Ideen zu verbinden und Neues zu schaffen – dieses Streben setzen sie auf "Sängerkrieg" fort.

Der Einstieg mit dem Doppel "Sieben Köche" und dem von der Rotzigkeit her fast schon an Motörhead erinnernden Titeltrack ist genauso heavy wie humoristisch und gelungen. Mit einem Augenzwinkern wird die eigene Karriere resümiert, und wenn man will, kann man auch den einen oder anderen Seitenhieb in Richtung der Konkurrenz raus hören, ohne dass es auch nur ansatzweise gehässig wird. Wenn man Das Letzte Einhorn "Ein In Extremo, der wird niemals knien" singen hört, denkt man unwillkürlich an die Onkelz und darf gespannt sein, welcher Idiot da wieder irgendeinen Schwachsinn rein interpretiert.

Die satte Gitarrenmacht fahren sie zum ersten Mal im spanischen "En Esta Noche" auf, sie spricht aber auch im sehr straighten "Flaschenpost" ein gehöriges Machtwort. Die Nummer dürfte live in Zukunft unvermeidlich sein und stellt die Vorabsingle "Frei Zu Sein" meiner Meinung nach sogar in den Schatten. Weniger die Gitarre, vielmehr der Bass sorgt dafür, dass "In Diesem Licht" über einen verdammt coolen Groove verfügt, der mit den Drums ordentlich in die Beine geht.

Die ruhigeren Töne schlagen In Extremo zum ersten Mal mit "Mein Sehnen" an. Diese mit Harfenklängen und Drehleier untermalte Ballade lässt beim Hörer dem Titel gemäß eine starke Sehnsucht entstehen, ohne dabei zu melancholisch zu sein. Das mit einem altfranzösischen Text versehene "Requiem" basiert allein auf mittelalterlichen Instrumenten wie Dudelsack und Trommeln. Im getragenen Midtempo ist "Zauberspruch gehalten, bei dem mit Obertongesang ein uralter, estnischer Zauberspruch gegen Krankheiten Vertonung findet.

Ganz im Gegensatz zum Titel regt "Tanz Mit Mir" nicht umgehend zur Hüftbewegung an. Mit einer eher getragenen, fast im Singer/Songwriter-Stil gehaltenen Strophe, strahlt der Refrain eine gewisse Melancholie aus.

Bevor die Überhand nehmen kann, überraschen In Extremo mit dem Editors-Cover "An End Has A Start". Ein wenig muss man schon über Michas Akzent schmunzeln, doch die Nummer rockt definitiv und klingt fast wie ein typischer In Extremo-Stampfer mit Dudelsäcken. Darauf setzen sie mit dem hart rockenden "Mein Liebster Feind" noch einen drauf, ehe es mit "Auf's Leben" sehr relaxt und besinnlich dem Ende zugeht.

Auch wenn die Mittelalter-Rocker immer mal wieder ein paar nachdenkliche Töne anschlagen, so ist "Sängerkrieg" doch ohne Frage ein absolutes Bauchalbum, das frisch und frei von der Leber wegkomponiert wurde. Wer dachte, das Septett würde sich an den Mainstream anbiedern, hat sich deutlich geschnitten und darf sich auch auf den kommenden Livedates eines Besseren belehren lassen.

Trackliste

  1. 1. 7 Köche
  2. 2. Sängerkrieg
  3. 3. Neues Glück
  4. 4. En Esta Noche
  5. 5. Mein Sehnen
  6. 6. Flaschenpost
  7. 7. Requiem
  8. 8. Frei Zu Sein
  9. 9. Zauberspruch
  10. 10. In Diesem Licht
  11. 11. Tanz Mit Mir
  12. 12. An End Has A Start
  13. 13. Mein Liebster Feind
  14. 14. Auf's Leben

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