laut.de-Kritik
Ein Pflichtpaket für Deutschpunkfans.
Review von Mathias MöllerInferno ist in des Punkers Ohren ein wohlklingender Name. Von 1981 bis 1990 prägte das Quartett aus Augsburg Deutschpunk mit und trug das Genre in die Welt. Selbst in den USA, dem Mutterland des Hardcore, spricht man in Szenekreisen (bzw. in Supernerdkreisen) anerkennend von den Infernalischen.
Auf drei Studioalben, einer Liveplatte und einer Handvoll Kleinformate brachte es die Band. "Pioneering Work" trägt auf zwei CDs alle drei Alben und eine Reihe einzelner Songs zusammen.
Der erste Longplayer "Tod & Wahnsinn" (die ersten 20 Tracks) zeichnet sich vor allem durch eins aus: Geknüppel. Mitunter in wahnwitziger Geschwindigkeit raspeln Inferno ihre Songs herunter.
Die Thematiken kommen einem dabei bekannt vor: Skinheads ("Steinkopf"), Alkoholkonsum ("Wodka"), Religionskritik ("Gott Ist Tot"), Schimpftiraden gegen Politiker ("Ronald Reagan" und "Birne Muss Kanzler Bleiben") und Lieder gegen Kriegstreiberei ("Tod Und Zerstörung" und "Live At War").
Dabei geht es - auch das typisch Deutschpunk - selten subtil zu: Der damalige amerikanische Präsident, auch von der amerikanischen Hardcoreszene unter Dauerbeschuss (man denke an Reagan Youth!), wird da kurz als Arschloch tituliert. Und ihren Widerstand gegen die Kirche äußern Inferno, indem sie empfehlen, dem Popen doch am Besten gleich auf den Talar zu speien. Das ist nicht immer schön, aber halt sehr authentisch.
Technische und musikalische Virtuosität musste damals noch hinter DIY (amerikanische Kurzformel für "Wir könnens nicht besser") zurücktreten. Hier kommt nicht immer zusammen, was eigentlich zusammen gehört, doch das macht ja den Charme von Punk aus.
Mit der Zeit wird aber alles besser, der Drumsound klingt fetter (besonders auf der zweiten CD "Highschool", die die beiden Studioalben "Hibakusha" und "It Should Be Your Problem" kompiliert) und die Instrumente erwecken nicht mehr durchgängig den Eindruck, als lägen ihre Spieler miteinander im Dauerclinch. Hin und wieder schleicht sich sogar mal ein Solo ein (z.B. bei "Ein Glücklicher Narr").
Zwischendurch intoniert Howie immer wieder schon mal englisch. Die letzte Platte hat er dann komplett in der Weltsprache eingesungen. Wobei er sich gar nicht mal so dumm anstellt, das hat man auch schon schlechter gehört.
Das erfreuliche an "Pioneering Work" ist der komplettistische Ansatz. Wer sich mit Inferno auseinandersetzen will, sollte mit dieser Doppel-CD anfangen - und hat dann auch gleich schon fast alles, was das Quartett je aufgenommen hat.
Für Deutschpunk-Fans ist die Zusammenstellung ohnehin Pflicht. Nicht zuletzt, weil Howie und Archi (ja, dem Archi, der später Sänger der Terrorgruppe wurde) im Booklet äußerst unterhaltsam die Bandgeschichte nachzeichnen.
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