laut.de-Kritik
Ein Trip so intensiv wie Kubricks Filme.
Review von Daniel StraubJay Haze, jüngst mit feinen Mimimal-Releases und als eifriger Betreiber der beiden Online-Labels Contexterrior und Textone schillernd auf den Plan getreten, lässt nun mit "Love For A Strange World" in den traditionellen Formaten Vinyl und CD von sich hören. Das Berliner Label Kitty Yo übernimmt für Haze' ersten Release über Albumlänge die Schirmherrschaft. Keine einfache Aufgabe, schließlich breitet Haze eine bizarre Klanglandschaft vor den Ohren ders Zuhörers aus.
Wer die bisherigen Produktionen des Amerikaners kennt, erstaunt das wenig. Eine gesunde Brise Neugier und Offenheit der Welt gegenüber charakterisieren den Elektroniker. Wie ein Schwamm saugt er neue Eindrücke auf und drückt manche davon in Form von Tracks wieder aus. Die fallen auf "Love For A Strange World" sehr subjektiv aus und wirken wie eine sprunghafte Reise durch bedrohliche Träume.
Wer nach den Gold Chains im vergangenen Jahr einen neuerlichen Ausflug Kitty Yos in den Pop erwartet hatte, der wird an "Love For A Strange World" schwerlich Gefallen finden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Instrumentalmusiker überraschenderweise auf Vocals setzt. Doch die können aufgrund ihrer brüchigen Tonlage und der eigenwilligen Melodieführung kaum als Indiz für den Pop-Appeal der Produktion herhalten.
Der ist auf "Love For A Strange World" sowieso nicht gefragt. Dafür aber die Fähigkeit sich an der reichen Vielfalt von Haze' Klangarchiv zu erfreuen und die Sounds auf immer neue Möglichkeiten miteinander zu verbinden. Das bedeutet Arbeit vor allem für den Kopf und eher beiläufig auch mal für die Füße auf der Tanzfläche. Zeitvergessene Ekstase bricht aber selbst in direkten Momenten wie "Appreciate" nicht über einen herein. Jay fordert von seinen Hörern viel Aufmerksamkeit.
Und manchmal fühlt man sich den Klängen ähnlich hilflos ausgeliefert wie Anthony Burgees Protagonist Alex, als er in "A Clockwerk Orange" mit weit aufgerissenen Augen auf die Leinwand starrt. Ob dem musikalischen Eindruck von "Love For A Strange World", wie Kubricks cineastischem Horror-Trip, eine kathartische Wirkung zu attestieren ist, möge jeder für sich selbst entscheiden.
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