laut.de-Kritik

Der große alte Löwe des Polit-Punk setzt zum Sprung an.

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Die Welt blickt derzeit auf die USA, wo am kommenden Dienstag entweder der 43. Präsident der Vereinigten Staaten für weitere vier Jahre im Weißen Haus residieren oder sein Herausforderer John Kerry als Nummer 44 in der Präsidentengalerie aufgenommen werden wird. Bush und Kerry liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit offenem Ausgang. Grund genug für Musiker jeglicher Coleur, das Wort für den einen oder anderen Kandidaten zu ergreifen.

Während Las Vegas-Flittchen Spears sich erwartungsgemäß im rechten Lager bestens aufgehoben sieht, ziehen R.E.M., Bruce Springsteen oder die Dixie Chicks für John Kerry durchs Land. Einer, der weder für die Demokraten noch für die Republikaner trommelt, ist der ehemalige Dead Kennedys Frontmann Jello Biafra. Im Präsidentschaftswahlkampf 2000 hob ihn die Green Party auf ihr Schild. In diesem Jahr verzichtet Biafra auf jedwege Parteinahme.

Kein Hehl jedoch macht der wortgewaltige und spitzzüngige Sänger aus seiner Verachtung für das Amerika der Gegenwart. Biafra fletscht die Zähne und setzt mit Songs im Stile von "The Lighter Side Of Global Terrorism" oder "Caped Crusader" zum Sprung an. Mit gitarrenmächtiger Unterstützung von The Melvins landet er dann auch prompt dort, wo es seine Landsleuten am empfindlichsten trifft: in ihrem Glauben, die größte Nation unter Gottes Sonne zu sein.

"Never Breathe What You Can't See" ist vom ersten bis zum letzten Ton ein Power-Package aus Text, Melodie und Rhythmus. Acht Songs haben Biafra und The Melvins für das 300. Release auf Alternative Tentacles eingespielt. Acht Songs, die es in sich haben und keinen Zweifel daran aufkommen lassen, wo sich Biafra und The Melvins politisch verorten.

Zwar lehnte Jello Biafra jeden Reanimationsversuch seiner legendären Dead Kennedys rigoros ab. 'Kein Revival-Quatsch' ist sein Credo bis zum heutigen Tag. Doch seien wir ehrlich: er und The Melvins machen im Doppelpack eine überaus gute Figur und schreiben die Geschichte der Dead Kennedys in gewisser Art fort, ohne sie zu kopieren.

Ob Biafra und The Melvins auch live so überzeugend rocken, davon kann man sich beim 25-jährigen Geburtstagsjubiläum von Alternative Tentacles am 31. Oktober in San Francisco überzeugen. Bleibt zu hoffen, dass der große alte Löwe des Polit-Punk alsbald zum Sprung über den Atlantik ansetzt.

Trackliste

  1. 1. Plethysmograph
  2. 2. McGruff The Crime Dog
  3. 3. Yuppie Cadillac
  4. 4. Islamic Bomb
  5. 5. The Lighter Side Of Global Terrorism
  6. 6. Caped Crusader
  7. 7. Enchanted Thoughtfist
  8. 8. Dawn Of The Locusts

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