laut.de-Kritik
Manchmal tut es richtig weh.
Review von Kai ButterweckWas der Wahlberliner Jens Friebe auf seinen Alben so präsentiert, lässt dem ein oder anderen gelernten Tontechniker bisweilen schon mal die Schamesröte ins Gesicht schießen. Ein bisschen Duracell-Techno, eine Prise Indie-Pop aus der Retorte und hier und da ein Chanson - durchaus skurril: Großes Electro-Kino findet eher woanders statt.
Auch auf seinem neuesten Output schickt Jens jede Menge wirre Wundertüten auf Reisen, ohne vorher eine Start-Ziel-Route auszugeben. So verliert sich etwa ein galoppierende Zweifinger-Keyboard ("Hölle Oder Hölle", "Dein Programm") in mittlerweile sauerstoffärmsten NDW-Gedenksphären, während etwas opulenter strukturierte, aber nicht minder monotone Elektro-Ohrenkneifer à la "Warum Zählen Die Rückwärts Mammi" oder "Ich Wusste Zu Viel Von Euch" verzweifelt an Prenzlberger Strobo-Club-Türen hämmern. Nur aufmachen will irgendwie keiner.
Besser gehts mit anderen Nummern: Da wäre beispielsweise der mit schluchzenden Geigen unterlegte Titeltrack. Ein Song, der sich zwar noch nicht so ganz sicher ist, ob er lieber bei Carmen Nebel oder in einer Wir-öffnen-erst-um-24-Uhr-Pianobar zum Schunkeln lädt, doch summt man die Refrainmelodie auch nach dem dritten Durchlauf noch mit. Das zarte Klassik angehauchte "Zahlen Zusammen Gehen Getrennt" passt gleichfalls: So beendet man eine Liebe, die noch nicht mal angefangen hat.
Die Verwandlungen vom leicht verstörten Endzeit-Theoretiker zum fast schon schnodderigen Indie-Pop-meets-Rotz-Rock-Liebhaber ("(I Am Not Born For) Plot Driven Porn", "Sei Einfach Nicht Du Selbst") sind ebenfalls auf der Habenseite zu verbuchen.
Leider wird Friebes durchaus interessanter Was-steht-am-Ende-Ansatz öfter von recht blutleeren Klängen begleitet ("Schlaflied", "What Will Death Be Like", "Gues Which Celebrity Partied Too Hard On Their 18th (Or Not)"). Und so bleibt der Skipschalter an der heimischen Anlage nach knapp 36 Minuten eben doch mit Fingerabdrücken übersät.
3 Kommentare
Völlig verfehlte Rezension, kein Wort zu den Lyrics. Vielleicht wärst Du lieber Tontechniker als Musikkritiker geworden?
Seh ich auch so - die Platte ist großartig, der Künstler ebenso. Ich verstehe nicht, wie man so arrogant und undifferenziert über Musik schreiben kann.
In diesem Genre sind die textlichen Inhalte von erheblicher Wichtigkeit. Schade, dass dem Kritiker scheinbar nur eine Instrumentalversion des Albums zur Verfügung stand: für mich die einzige Erklärung für das Fehlen der Bewertung der Textebene. Kleiner Tipp für den Rezensenten: stets den literarischen Wert in die Kritik einbeziehen.
Rezensent, zieh dich warm an, ich schmeiß dich raus.