laut.de-Kritik
Eine Singer/Songwriterin entblößt ihre Seele.
Review von Sven KabelitzIm Vergleich zum vorliegenden "Memories Are Now" wirkt Jesca Hoops letztjährige Zusammenarbeit mit Iron & Wine-Kopf Sam Beam ("Love Letter For Fire") überschwänglich arrangiert. Kein unnötiger Ton findet auf dem siebten Album der Mormonen-Tochter Platz. Auf dem von Blake Mills produzierten Longplayer entblößt Hoops ihre Seele.
Die Singer/Songwriterin zeigt sich auf einem herausragenden Level. Klingen die Stücke aufgrund der Arrangements zuerst leicht, offenbaren sie auf den zweiten Blick ihren Ideenreichtum und ihre Verzwicktheit. Rastlos widmet sich Hoop in ihren Texten dem Zwischenmenschlichem, der Technologie und der Religion.
Der Titeltrack pumpert sachte voran. Einzig Bass und Tamburin bilden seinen Puls. Der Rest ist Hoop. Auf ihren kämpferischen Vocals, die sie selbst begleitet, liegt der Fokus. "I've lived enough life / I've earned my stripes ... Clear the way / I'm coming through." Jesca gelingt es, in dieser komplett reduzierten Umgebung maximale Spannung zu erzeugen.
Diese Mischung aus sich verlagertem Gesang und zurückgezogenem Hintergrund bestimmt den Longplayer über weite Strecken. Im von nervöser Schönheit umgebenen und wie aus einer Schneedecke geschnittenen "The Lost Sky" begleitet eine zarte Akustikgitarre die Sängerin.
Im Refrain des Kammerfolksongs "Songs Of Old" wagt sich Hoops Stimme in ungewohnte Tiefen, um in der Folge in höchste Höhen aufzubrechen. Ein einziges Mal lässt sie sich von Streichern begleiten. Den sich in einen Rausch spielenden, von verzerrten Gitarren unterlegten Stammestanz "Cut Connection" begleitet Fiona Apple an der Mundharmonika.
Den Schlusspunkt setzt das staubige "The Coming", in dem sie Jesus einen resignierten Blick auf seine Religion und die in seinem Namen geführten Glaubenskriege werfen lässt. Einen Blick darauf, wie die Menschen seine Lehre bis heute nicht im Ansatz verstehen. Enttäuscht gibt er seine Dornenkrone zurück. "Jesus (...) took a seat next to the devil and said I need a new name." Zeitgleich beschäftigt sie sich mit ihrer eigenen Beziehung zum Glauben ihrer Eltern. "I won't blame my parents for clinging to the good word / In hopes that it makes sense of it all / And believing in a story like it was the Bible / When it was just a tale made tall."
Um ihre Arbeit Kunst zu nennen, stapeln manche ein Klangungetüm über das nächste. Jesca Hoop reduziert ihre Songs auf das Nötigste. Um das Ergebnis Kunst zu nennen, verlieren sich manche in affektiertem Gesang. Jesca Hoop bleibt immer klar und fokussiert. Für ihre Kunst konzentriert sie sich auf das Wesentliche, die Melancholie und die Schönheit.
5 Kommentare mit 3 Antworten
Ganz vorne bei Best of 2017.
Bitte mal einen Anspieltipp von einem Track den Du als (sehr) eingängig empfindest. Wo ich reingeskippt habe war mir das ein wenig zu schwer. Evtl. auch von einem Vorgängeralbum.
Vorgängeralben:
https://www.youtube.com/watch?v=7bxpLcNod80
https://www.youtube.com/watch?v=D_jUPk6c0O…
https://www.youtube.com/watch?v=P7Dm3wUBd3…
https://www.youtube.com/watch?v=tKrbYCpQZ7…
und dieser quitschbunte, völlig untypische track darf nicht fehlen:
https://www.youtube.com/watch?v=nqXSfHO-7f0
Zum Einstieg würde ich das Album "The House That Jack Built" empfehelen.
Jesca Hoop ist eine meiner Alltime-Favs.
Album habe ich bisher nur einmal durch. Titeltrack ist aber schonmal fantastisch.
Danke Para! Alles geloadet und bis übers WE werde ich sicher reinhören!
"The lost sky" ist grandios!
Sehr schönes Album
phantastisch! wie konnte ich die so lange übersehen? musste mir auch die augen reiben als ich ihr alter gesehen hab. ihre klangfarbe ist so jugendlich...
Bis jetzt mein fav Release von 2017. Ich spiels auf und ab.