laut.de-Biographie
Junkie XL
1997 hallt ein mächtiges "Saturday Teenage Kicks" durch die Diskotheken der Republik und fortan ist nichts mehr wie es war. Zumindest die Fans des Frontmuskelberg-Rappers Rudeboy fürchten ernsthaft um dessen Stammcombo Urban Dance Squad. Doch die sollte vor ihrer Auflösung zwei Jahre später doch noch ein Album einspielen.
Unberechtigt sind die Sorgen der UDS-Fans '97 indes nicht: Das Duo Junkie XL gilt vor allem als neues Projekt des bekannten Sängers, während den Namen des zweiten Mitstreiters bis dato kaum einer kennt. In Wirklichkeit steckt aber gerade dieser holländische Soundtüftler namens Tom Holkenborg hinter Junkie XL. Das XL steht für "eXpanding Limits", was soviel heißen soll wie "die Grenzen ausdehnen", die der Wirklichkeit oder auch der eigenen Wahrnehmung.
Im selben Jahr erscheint auch die von Big Beat inspirierte Debut-Scheibe und sorgt im Fahrwasser der allgegenwärtigen Prodigy für mächtigen Wirbel. Fette Beats mit Gitarreneinsprengseln plus Rudeboys aggressive Raps füllen die Floors. Nicht ohne Grund sichern sich Keith Flints Mannen die Support-Dienste der beiden Racker für ihre "Fat Of The Land"-Tournee. Dort kommen sie auch ganz gut an und vergrößern ihre Fangemeinde. Mit am Start ist im übrigen auch Fear Factory-Planierraupe Dino Cazares, der Holkenborgs Sequencer-Sounds mit scharfen Riffs befeuert.
Anschließend verzieht sich Rudeboy wieder zu seinen UDS-Kollegen, Holkenborg kümmert sich um die Produktion anderer Acts und schiebt ab und an einen Remix dazwischen. Dennoch kommen sie 1999 nochmal zusammen, um das zweite Junkie XL-Album "Big Sounds Of The Drags" aufzunehmen. Stilistisch dem Vorgänger recht ähnlich, macht die Platte jedoch keine kommerziellen Sprünge. Die Partnerschaft Holkenborg/Rudeboy endet offiziell im Juni 2000.
Dies hindert den Programmier-Freak nicht an Auftritten, die er alleine hinter seinen Maschinenparks bestreitet. Mittlerweile begeistert sich Holkenborg zunehmend für Progressive House und einzelne Junkie XL-Releases schleichen sich gar in die Playlists bekannter DJs wie Carl Cox ein.
Dass der Kommerz-Knaller meistens dann kommt, wenn man ihn am wenigsten erwartet, manifestiert sich 2002 in Holkenborgs Mix-Auftrag für einen Football-Spot von Nike. "A Little Less Conversation" mit der einzigartigen Stimme von Elvis The Pelvis trifft auf zündende Elektro-Beats und mausert sich in Kombination mit dem sportlichen Clip zum Welthit. Auch Steven Soderbergh kommt an der Nummer nicht vorbei und nimmt sie auf den Soundtrack seines Gangsterfilms "Ocean's Eleven". Ergebnis: Nummer Eins in über zwanzig Ländern. Der Titel erscheint allerdings unter dem Pseudonym "Elvis vs. JXL".
2003 plant Tom Holkenborg dann einen neuen Coup, diesmal allerdings mit seinem nächsten Album. Von bereits verstorbenen Partnern hat er jedoch genug: "Radio JXL - A Broadcast From The Computer Hell Cabin" ist als Radioprogramm in Form eines Doppel-Albums konzipiert und featuret unglaubliche 14 Gastsänger. Noch schwindeliger wird einem bei der Durchsicht der beteiligten Namen: Solomon Burke, Saffron (Republica), Gary Numan, Chuck D., Robert Smith (The Cure), Dave Gahan (Depeche Mode), Terry Hall (Ex-The Specials), Infusion, Anouk, Phill Mills (Ex-Nerve), Shelly Harland, Grant Nicholas (Feeder), Sasha, Peter Tosh. Was hat der Junge doch für Nerven.
Offenbar recht gute, denn Tom dehnt sein Betätigungsfeld immer weiter aus. So remixt er eine ganze Reihe international bekannter Künstler, darunter Britney Spears, Coldplay, Justin Timberlake, Scissor Sisters, Rammstein, Fear Factory, Bloc Party, Sarah McLachlan und Avril Lavigne. Desweiteren macht er sich als Musik-Produzent für Videospiele einen Namen und unterlegt auch den ein oder anderen Hollywood-Schinken mit seinen Klängen.
Mit seinem Vorzeigeprojekt veröffentlicht Holkenborg 2006 das Album "Today", auf dem sich mit "Honey" sogar eine Hommage an seine Schwiegermutter befindet, seine Frau kommt wiederum im Track "I've Got A Xerox To Copy" zum Zuge. 2008 erscheint mit "Booming Back At You" ein weiteres Album aus dem Hause Junkie XL, das sich stilistisch sehr dem Discotempel-Massensound nähert.
Nach seinem 2012 erscheinenden sechsten Album "Synthesized" widmet sich Junkie XL verstärkt der Filmmusik. Schon seit 2010 ist er Teil von Hans Zimmers Remote Control Productions, u.a. schreibt er in der Folge Soundtracks zu Blockbustern wie "Mad Max: Fury Road", "Deadpool" und "Batman V Superman: Dawn Of Justice".
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