laut.de-Biographie
Sasha
In der Abteilung "Teenie-Pop aus Deutschland" ist er der Shooting-Star der ausgehenden 90er Jahre. Bereits seine erste Single, der Schmuse-Reggae-Ohrwurm "I'm Still Waiting", hält sich Ende 1998 wochenlang in den obersten Rängen der Charts. Die Hitparaden-taugliche Mischung aus Soul und Pop, die sein Debüt-Albums "Dedicated To ..." und zahlreiche weiteren Singles prägt, sichert sich Sasha einen Platz unter den erfolgreichsten deutschen Popstars.
Geboren wurde der 1,82 Meter große Schwiegermuttertraum mit der Vorliebe für lässige Business-Outfits am 5. Januar 1972 in Soest in Westfalen. Wenig glamouröser als der Geburtsort fällt sein Name aus: Sascha Schmitz. Aber all das ist kein Hinderungsgrund für eine steile Karriere.
Die beginnt, nach ersten Gehversuchen in einer Schulcombo, mit der Band Junkfood, in der Sasha mit ein paar Kumpels Vorbildern wie Nirvana und den Red Hot Chili Peppers nacheifert. Das Projekt bleibt erfolglos, schult aber die Live-Qualitäten des Sängers und führt bei Aufnahmen für ein Demo-Tape zur Begegnung mit Produzenten, die Sasha als Background-Sänger engagieren.
Erste Lorbeeren verdient sich Sasha als Duett-Partner von Fatima Napo alias Young Deenay auf der Single "I Wanna Be Your Lover". Deren Erfolg öffnet die Tür für die Solo-Karriere. Es folgen die besagte erste Single und das Album. Seine sympathischen TV-Auftritte, bei denen er unter anderem intelligent mit Late-Night-Talker Harald Schmidt parliert, hinterlassen angenehm Eindruck.
Nicht nur hierzulande: Nach und nach dringt der Ruhm ins Ausland, sogar bis nach Amerika. Dort wird im Herbst 1999 Sashas LP veröffentlicht. Ob er allerdings den bereits heftig kursierenden Vergleichen mit George Michael standhält, muss sich erst noch zeigen. Immerhin waren beide gemeinsam für die MTV Europe Music Awards 1999 im Gespräch, Sasha sogar gleich zweimal: als bester deutscher Act und als bester männlicher Künstler. Auch, wenn er gegen die übermächtige Konkurrenz (außer ihm und George Michael waren noch Ricky Martin, Robbie Williams und der letztlich siegreiche Will Smith nominiert) keine Chance hat: Kein Deutscher vor Sasha wurde doppelt nominiert.
Im Oktober 2001 überrascht Sasha seine Fans mit der ersten Single-Auskopplung "Here She Comes Again" aus dem für November terminierten neuen Album "Surfin' On A Backbeat". Die Gitarren bratzen, als hätte man es mit einem Alternative Act zu tun. Natürlich steckt hinter der rockigen Weiterentwicklung wieder eine Ohrwurm-Melodie. Die Fans werden sich dennoch erst mal daran gewöhnen müssen. Kritiker werten das Album als "ersten zaghaften Schritt in die richtige Richtung".
Den Weg weg vom Schmuse-Pop-Image geradeaus weiter zu gehen, wäre offenbar zu einfach gewesen: Sasha liefert 2002 mit "This Is My Time" die Hymne zur Berichterstattung von der Fußball-WM in Japan und Südkorea und verschwindet dann zunächst vollkommen in der Versenkung.
An seiner Stelle betritt ein junger Mann die Bühne des Show-Geschäfts, der Herrn Schmitz aus Soest verblüffend ähnlich sieht: Sasha betreibt reichlich Aufwand für sein ursprünglich aus einem Scherz heraus entstandenes Rockabilly-Alter Ego. Dick Brave fehlt es weder an einem lückenlosen Lebenslauf noch am ausgeprägten amerikanisch-kanadischen Akzent.
Aktuelle Hits und Klassiker (darunter Pinks "Get The Party Started", den Alltime-Favourite "Walk This Way" von Run DMC und Jerry Lee Lewis' "Great Balls Of Fire") auf eine Zeitreise mitzunehmen und im Stil der 50er wieder aufleben zu lassen: Was soll das denn bitte für ein Konzept sein? Nun, der Erfolg gibt dem Projekt recht. Dick Brave und seine Backbeats landen mit "Dick This!" an der Spitze der Album-Charts - und im Vierer-Wok (Stefan Raab funktioniert die China-Pfanne 2003 zum Wintersportgerät um) auf dem Weltmeister-Podest.
Dem Album folgt 2004 eine im Kölner Limelight aufgezeichnete Live-DVD ("Live At The Limelight"). Nach vier ausverkauften Tourneen, einem Echo und einem Abschiedskonzert vor 10.000 Fans in der Dortmunder Westfalenhalle endet das Intermezzo Dick Brave.
Und dann? Sasha genießt, wie er die Öffentlichkeit wissen lässt, den Luxus, den ihm sein Erfolg beschert - nämlich Zeit. "Ich spürte, ich muss nicht mehr rennen, um ans Ziel zu kommen." Er verfügt über die nötige Muße und arbeitet ganze zwölf Monate an seinem Nachfolge-Album. Den Entstehungsprozess der Platte beschreibt er als "Reise zu sich selbst". Das Ergebnis dieses Selbstfindungstrips steht unter dem Titel "Open Water" ab März 2006 in den Plattenläden. Der Teenie-Sound scheint endgültig Geschichte zu sein: Sasha präsentiert sich als Songwriter mit handzahm angerockter Popmusik.
Die etwas rockigeren Töne erinnern kaum noch an das Tennie-Popidol der 90er Jahre, zeigt sich deutlich reifer und gönnt sich immer mehr Ruhepausen. So beschert er uns zur Weihnachtszeit noch einen hübschen Rückblick seiner zehnjährigen Karriere. "Greatest Hits" aus Soest mit einigen Highlights aus dem bewegten Leben eines Musikers, der immer noch als der netteste Mann von nebenan gilt.
Man darf gespannt sein was die Zukunft bringt. Vielleicht eienn Ausflug in die Hardcore-Szene à la Lordi? An Kostümierungen und 180-Grad-Wenden hat man sich schließlich inzwischen gewöhnt.
Statt dessen zieht sich Sasha auf sein angestammtes Pop-Feld zurück. Er, der auf Erfahrungen mit Kollegen von Till Brönner über Udo Lindenberg, Michael Mittermeier und Nena bis hin zu Xavier Naidoo zurück blickt, verzichtet auf Experimente und legt mit "Good News On A Bad Day" ein ruhiges, beinahe gesetztes Album hin, das den Schwung der Dick Brave-Tage nur noch in Anflügen besitzt. Eigentlich bleibt nur eine Sache konstant: Wieder mal lässt Sasha sämtliche Erwartungshaltungen ins Leere laufen.
Zwei Jahre später rudert er erneut zurück. Der Schmuse-Anzug bleibt im Schrank, und es ist wieder an der Zeit, Boots, Jeans und sein alter Ego Dick Brave auszupacken ("Rock'n'Roll Therapy"). Dennoch lassen sich die Schatten der Vergangenheit nicht so einfach abschütteln. Besser: Sasha will mit dem Album "The One" alles unter einen Hut bringen.
Künstlerisch ist das alles zweifelhaft, kommerziell stabilisiert sich Sasha jedoch auch mit "Schlüsselkind" von 2018, wohl nicht zuletzt durch seine TV-Omnipräsenz im vordersten Regal. 2023 belohnt er seine Fanbase mit "This Is My Time. This Is My Life.", einer Werkschau im "Las Vegas Revue-Soundgewand".
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