laut.de-Kritik
Auf Zeitreise findet Sasha mehr als nur Pettycoats und Schmalzlocken.
Review von Daniel StraubManchmal wünscht sich Sasha Schmitz eine Zeitmaschine. Mit der würde er wie der namenlose Wissenschaftler in H. G. Wells Roman auf der Zeitachse vor und zurück fahren. Immer auf der Suche nach einer besseren Welt. Eine Vorstellung davon, wie das Nirwana eines Popstars aussehen könnte, vermittelt uns Sasha mit den 18 Songs seiner neuen CD. Auf "Dick This!" hält die Zeituhr nicht an, bevor wir uns Mitten in den wilden Fifties wiederfinden. Sasha heißt nun Dick Brave und wirbelt mit seiner Band The Backbeats Pettycoats und Schmalzlocken heftig durcheinander.
Aus der Gegenwart mitgebracht haben die fünf Jungs lediglich einige Lieblingssongs. Ansonsten geben sich Dick Brave & The Backbeats stilecht. Die Tolle forsch nach oben geföhnt, die Kippe lässig im Mundwinkel hängend, bedrohlich züngelnde Flammen auf dem Kurzarmhemd, die Bluejeans von einer mächtigen Gürtelschnalle in Position gehalten, die Füße in Chuck Taylors zeitlosen Basketball-Stiefeln fest verankert, den chrombesetzten Straßencruiser in der Garage, die halbakustische Gitarre umgeschnallt und den mächtigen Slapbass im Anschlag.
Derart ausgerüstet kann das Motto auf "Dick This!" natürlich nur Rockabilly in Reinkultur heißen. Der Opener "Get The Party Started" von Pink lädt vom ersten Takt an zum lockeren Hüftschwung ein. Das unverkennbare "Walk This Way"-Gitarrenriff oder Little Richards "Slippin' N' Slidin'" machen "Dick This!" zum energetischen Powerpack. Doch was wäre der härteste Rockabilly, wüsste er nicht auch die Damenherzen im Sturm zu erobern. Und das geht eben immer noch am besten mit einer gefühlvollen Ballade.
Zwischen all den rockenden Klassikern und eigenen Kompositionen gönnen Dick Brave & The Backbeats ihren Zuhörern mit einigen Schmusenummern deshalb auch mal eine Verschnaufpause. Der sehnsuchtsvoll intonierte Dion & The Bellmonts-Song "Teenager In Love" lässt kurz Zeit zum Atemholen, bevor "Black Or White" die Tanzfläche wieder fest ins Auge nimmt. Allerdings mit weniger Biss als Michael Jackson im Original. Als Bonustrack gibt es mit Jerry Lee Lewis' "Great Balls Of Fire" noch einen kleinen Vorgeschmack auf die Livequalitäten von Dick Brave & The Backbeats.
In der sauberen Rockabilly-Identität von Dick Brave gelingt es Sasha, den angehimmelten Teenie-Schwarm mit dem krediblen Rockstar in einer Person zu vereinen. Mit einer guten Band im Rücken rockt er über CD-Länge, und fast wünscht man sich, dass ihn seine Zeitmaschine für immer im Jahrzehnt von Cadillac und Jukebox zurück lassen möge.
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