laut.de-Kritik
Von der Blockparty zum Liedermacher.
Review von Markus BrandstetterEs hat sich einiges verändert im Leben von Kele Okereke. Ende 2016 wurden der Bloc-Party-Frontmann und sein Lebensgefährte Eltern einer Tochter. Das brachte Okereke nicht nur dazu, über das Thema Vatersein nachzudenken, sondern auch über das Verhältnis zu seinem eigenen Vater. Zwischenmenschliche Beziehungen, die eigenen Wurzeln, die neugefundene Verantwortung: Auf all das meditiert Okereke auf seinem dritten Longplayer "Fatherland".
Die Synthesizer hat er beiseite gelegt und präsentiert sich beinahe komplett akustisch. Zur Selbstfindung als Singer/Songwriter gehört auch dazu, dass zum ersten Mal sein Nachname auf einer Solo-Platte steht. Nach einer schwermütigen Brass-Ouvertüre als Einstieg gehts mit "Streets Been Talking" los, eine rudimentär gezupfte Akustikgitarre, ein mit Jazzbesen gespieltes, gerade so hörbares Schlagzeug: Okekeres Stimme erhält so einen ganz neuen Raum. Einen weiteren prominenten Platz auf der Platte nimmt ein Tenorsaxophon ein, das hier und da für Flächen und kleinere Fills sorgt, auch eine Fender Rhodes ist immer wieder mal zu hören.
Die herausstechenden Tracks des Albums sind zwei Duette. Auf "Grounds For Resentment" singt Okereke gemeinsam mit Olly Alexander (Years&Years). Ein romantisches Duett zwischen zwei Männern, in der Popmusik durchaus unüblich, wie der Musiker im laut.de-Interview erklärte: "Es war schön, so etwas rausbringen zu können. Als homosexueller Mann bekommt man nicht oft die Gelegenheit, auf authentische Art und Weise über Liebe und Begehren zu singen. Viele homosexuelle Künstler denken, sie könnten das gleiche Geschlecht nicht einfach so ansingen. Sie denken, dass sie Pronomina ändern müssten, einen Code verwenden, der ihre heterosexuelle Fanbase nicht angreift."
Es ist nicht nur thematisch eines der interessantesten Stücke sondern glänzt auch mit einem eingängigen Chorus – etwas, das Okereke nicht immer gelingt. Denn bei aller Gediegenheit der Arrangements und bei all der Intimität der Thematik bleibt nicht alles auf "Fatherland" hängen, sondern plätschert hier und da auch eher harmlos dahin. Das zweite Duett der Platte ist das Stück "Versions Of Us", für das er sich Corinne Bailey Rae ins Studio holte.
Seinen eigenen Wurzeln und seinem Vater stellt er sich in "Road To Ibadan", das eine gemeinsame Reise mit seinem Vater nach Nigeria beschreibt. "Do I start to see you? / In the furrow of my brow / In the ebony eyes you gave me / Do I tell the children? / That you gave me my first drink / But I could never own you / For you raged and hid / And you didn't leave a trace", erzählt er vom Friedenmachen mit den eigenen Ursprüngen, "Like footsteps / Walking on a grave / It's in the soil / The ghosts of the ancestors surround us".
Ein Wiegenlied für seine Tochter darf natürlich nicht fehlen: "Oh Savannah, you look like your mother / But I did not know her so well
All the photos I kept of her faded / All the memories blend / If there's one lesson this life has taught me / Open your heart, be kind / Oh Savannah, you look like your mother / But I did not know her so well".
Es ist eine offene, bemerkenswerte und sorgfältig arrangierte Introspektive, die Kele Okereke mit dieser dritten Soloplatte abliefert. Leider besitzen die Kompositionen nicht immer die gleiche Substanz wie der Narrativ, deshalb überzeugt "Fatherland" schlussendlich nicht auf ganzer Länge.
1 Kommentar mit 5 Antworten
Immer diese albernen Fantasienamen.
Why'd you feel so underrated?
immer dieser pseudoironische rassismus
I'm offended and I feel black
Mhh, darauf anzuspielen, dass sich Namen aus einem anderen Kulturkreis für einen oft erst einmal ungewöhnlich anhören hat jetzt nicht zwangsläufig immer etwas mit Rassismus zu tun, würde ich mal behaupten.
Schön, dass meine Denkanstöße beim ein oder anderen angekommen sind.