laut.de-Kritik
Vielseitiges Solo-Debüt zwischen NuJazz und NuSoul.
Review von David HilzendegenDie Stelle der Souldiva bei Tru Thoughts ist vakant. Nachdem Alice Russell sich anderweitig orientiert und Kylie Auldists letztjähriges Debüt insgesamt recht schwach ausfiel, beginnt die Suche von neuem. Fündig geworden ist man in den eigenen Reihen: Bereits 2005 erschien die Kollaboration "Forgetting To Remember" mit dem norwegischen Produzenten Espen Horne auf Tru Thoughts.
Vier Jahre später will Kinny in große Fußstapfen treten - und wird dabei tatkräftig unterstützt. Das halbe Produzenten-Roster des Labels ist angetreten, um "Idle Forest Of Chit Chat" den Stempel aufzudrücken. Darunter auch Alice Russell-Intimus TM Juke, auf dessen Handwerk mit "Damn" der stärkste Titel der Platte zurück geht. Die Arbeit hat sich gelohnt, "Idle Forest Of Chit Chat" beweist, dass die Schnittstelle zwischen NuJazz und NuSoul eben nicht so langweilig ist wie ihr Ruf.
Allein die Neuartigkeit fehlt. "Damn" und "Afro Love Forest" waren bereits auf den jeweiligen Produzentenalben vertreten, "Water For Chocolate" unterscheidet sich kaum von Darondos "Didn't I", dem der Souldrop-Beat sein markantes Sample verdankt. "Queen Of Boredness" sowie "Forgetting To Remember" liegen zwar als Remix vor, die Originale stammen jedoch von besagtem Kollabo-Album. Ziemlich schwach für ein gerade elf Titel starkes Album.
Trotzdem lässt Kinny keine Langeweile aufkommen. Ihrer Vielseitigkeit ist es geschuldet, dass "Idle Forest Of Chit Chat" über 45 Minuten dahinfließt, ohne beliebig oder belanglos zu werden. Ob flehend soulig ("Damn"), auf Latin getrimmt wie beim Quantic-Feature, Richtung Hip Hop schielend wie bei "Queen Of Boredness" oder über den groovigen "Forgetting To Remember"-Remix, Kinny macht überall eine gute Figur.
Mit derlei Anpassungsfähigkeit macht sie zwar wieder wett, was sie den eingangs erwähnten Diven in Sachen Soulstimme trotz oder gerade wegen ihrer klassischen Opernsängerausbildung nachsteht, für pure Begeisterungsstürme sorgt "Idle Forest" allerdings nicht. Dazu fehlt vor lauter Flexibilität vor allem eine eigene Identität. Mit etwas mehr Prägnanz und weniger bereits verbrauchten Stücken könnte Alice Russells Nachfolge tatsächlich intern geregelt werden.
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