laut.de-Kritik
Schöne Grüße aus Hannover Rock City.
Review von Mathias MöllerFast drei Jahre sind ins Land gezogen, seit "The Pieces Fit", das zweite Album der Hannoveraner Kju:, erschienen ist. Das Warten hat sich gelohnt. Die Songs auf "Setting Sun" sind zum Teil schon etwas älter. Ich kann mich erinnern, sie das erste Mal im Herbst 2005 gehört zu haben, in einem kleinen PKW in Berlin, zu fünft mit den Knien an den Ohren. Und schon damals dachte ich: "Wow, das ist ein echter Fortschritt". Nicht, dass Kju: vorher schlecht gewesen wären. Allein, jetzt sind sie noch besser.
Mit dem Opener "Signs Of Summer" gehen sie auch gleich in die Vollen. Tight und mächtig nach vorne rockend unterstützen die Instrumentalisten Kord, Sven-Olaf und Peter Fronter Tobi, der davon singt, dass wir alle für unsere Ignoranz bezahlen würden. Message, ick hör dir trapsen! Das Quartett kombiniert druckvolle Musik mit intelligenten Texten, was im Alternative-Bereich in Deutschland immer noch keine Selbstverständlichkeit ist.
Produktionsmäßig geht "Setting Sun" völlig in Ordnung, lediglich die Drums hätte ich mir einen Tick fetter gewünscht. Tobis Gesang schwankt zwischen Schmeicheln und Schreien. Er singt erfreulicherweise völlig ohne Akzent (auch das ist nicht selbstverständlich). "Headlong" ist eine eingängige, im positiven Sinne gefällige Midtemponummer mit ganz viel Melodie. Kju: beweisen, dass sie nicht die Härtesten sein müssen, sie schrecken noch nicht einmal vor Handclaps zurück. Wo bleibt die Cowbell, Jungs?
Mit "Static" gibt die Combo wieder ein bisschen mehr Gas, der Refrain geht direkt ins Ohr, gekonnt bewegt sich hier Tobi an der Grenze zum Screamo-Part, und Gitarrero Kord darf seine Axt mal richtig nudeln. Ganz ruhig wirds zunächst mit "The Shiver Pt.1", stimmungsvoll inszeniert Kju: dieses Fast-Interlude, das direkt in den zweiten Teil überführt - ein echter Groover, vielleicht der große Hit des Albums. Und immer wieder dieser catchy Chorus. Diese Gruppe kann jeden Alternative-Fan zum Hookline-Junkie machen.
Dann legt Tobi richtig los. So wie man ihn live kennt: zusammengekauert auf dem Boden, kreischt er sich die Lunge aus dem Leib. Wiederum etwas schneller wirds dank "Water And A Sewer" mit leicht verzerrten Lyrics und singenden Gitarren. Zeit zum Verschnaufen? Nicht hier! In "Anything Anything" vertont die Band einen verzweifelten Heiratsantrag, aber an wen eigentlich? Und höre ich da ein Rock'n'Roll-Klavier? "Hello" wirkt wiederum etwas zurückgenommener. Eine gewisse Wandlungsfähigkeit von Kju: ist durchaus zu erkennen. Zumal der Song in seinem Verlauf zu einem schweren Gitarrenberg anwächst.
Fast etwas behäbig kommt "Happy Endings" daher, doch mit "Milk And Honey" nimmt "Setting Sun" noch mal an Fahrt auf - und wieder dieses catchy Zeug, dass sie Refrain nennen. "A Coherence" und "Apnea" bilden einen würdigen Abschluss für ein Album, das wie aus einem Guss, aber dennoch nicht allzu einheitlich klingt. Kju: malen die Alternative-Welt nicht neu, aber sie fügen ein paar Farbtupfer hinzu. In Deutschland gehören sie mit diesem Album sicherlich zu den besten Bands ihres Genres - und auch im internationalen Vergleich sollten sie Stand halten können.
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