laut.de-Kritik
Eine Platte zwischen den Schatten- und Sonnenseiten des Lebens.
Review von Robin Schmidt"Musste es jetzt soweit kommen, dass ich dich hier frag’: Kennst du mich noch?" Anscheinend ja. Hätte LK sein Album "Keine Neuen Helden" wie angekündigt bereits 2015 veröffentlicht, hätte es dieser Frage wohl nicht mehr bedurft. So aber stellte er seine Fans auf der Suche nach dem perfekten Sound zuletzt immer wieder auf die Geduldsprobe.
Zwei Jahre später legt LK also seine ausgereifte Idee einer Albumproduktion vor. Diese hortet musikalisch eine ganze Instrumenten-Schar, reicht von der Rock-Gitarre ("Ehrlich Sein") über Jazz-Elemente ("Solang Du Schlägst") bis hin zu poppigen Synthie-Klängen ("Renn"). LKs Haus- und Hof-Produzent MHScoring spielt hier einmal die komplette Klaviatur seines Könnens rauf und runter.
So demonstriert LK nicht nur in der Komposition ein abwechslungsreiches Soundbild. Auch in einzelnen Songs wie "Keine Wunder Mehr", "Kennst Du Mich Noch?" oder "Renn“ variiert er Bausteine wie Strophe, Refrain und Bridge, die Stimmlage ertönt dabei mal lauter, mal leiser.
LKs Trumpf speist sich aber allen voran aus den eingängigen Hooks, die sofort im Ohr hängen bleiben wie etwa in "Nochmal Kind Sein": "Ich wollte es immer werden, heute will ich’s nicht mehr sein / Große Angst vorm Sterben, ich kann es nicht verneinen / Die Zeiten der Baggys und der schiefen Caps sind vorbei / Dreh die Zeit zurück, ich will nochmal Kind sein / Sieh zu, wie ich mir alles verbau / Und über die Jahre wurden die Haare meiner Eltern grau / Die Zeiten auf dem Bolzplatz sind vorbei / Dreh die Zeit zurück, ich will nochmal Kind sein". Hierbei erhält er etwa bei der Hälfte der Tracks Unterstützung von Musikerinnen und Musikern aus seiner hessischen Heimatstadt Herborn.
Dass LK am Rande des Westerwalds aufgewachsen ist, hört man bei einigen Songs dann auch heraus. Wie ein Herborner das eben so macht, rollt er nicht nur mit Hip Hop, sondern auch das R in seiner Sprechweise. Die Betonung hakt auch hier und da immer mal wieder, wenn er beispielsweise ein T zu einem D verdreht und in der Folge "Zweite" als "Zweide" ausspricht. Ein gewisses Feintuning sucht man hier vergeblich.
Der Hesse mit libanesischen Wurzeln verdreht allerdings nicht nur hin und wieder die Aussprache. "LK verdreht das Alphabet von 'nem Vectra zu nem BMW" ("Sie Sehen Mich"). Seine Wortgewandtheit und Vergleiche blitzen in nahezu allen Anspielstationen auf ("Brüder werden wie ne Pfeife – lässt du viele ziehen sind sie tot").
Thematisch widmet sich LK seinem persönlichen Reifeprozess ("Wir reden leise über Wichtiges / Zu laut über Banales"), dem Erwachsenwerden mit Hindernissen ("Vergiss nicht die Zeit, die verrennt / Denn zwischen Jung und Alt gibt es kaum eine Zeitdifferenz / Mir geht es scheiße ich kenn’ / Nicht einen, der alle meine Zweifel erkennt") und dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ("Denn diese Welt mein Freund braucht keine neuen Helden / Denn du allein kannst dir und ihr heute helfeny").
Seine Emotionen entlädt er druckvoll in seinen Stücken. Bei ihm findet kein hohles Phrasengedresche statt, dem Mann brennt einiges auf der Seele. Trotz einiger technischer Schwächen gelingt LK mit "Keine Neuen Helden" eine Platte zwischen den Schatten- und Sonnenseiten des Lebens.
Diesen schmalen Grat flicht er auch in "Kennst Du Mich Noch?" ein: "Ich seh’ die Menschen lachen, obwohl der Himmel weint / Ich hör sie Händeklatschen, frag wo die Stille bleibt / Sag mir sind wir wirklich schon zum Ende gekommen / Ist das unser letzter Tanz sag kennst du mich noch?" Nach dieser Platte lautet die Antwort eindeutig: Ja!
4 Kommentare mit 2 Antworten
Sehr geile Platte. Ich Feier das Album. Endlich mal rap ohne macho Gehabe oder aufgesetzte Gangster Masche ! Weiter so! #keineNeuenHelden
Sehr authentisches Album und lyrisch meiner Meinung nach auf sehr hohem Niveau. Soundtechnisch große Klasse, sehr vielseitig aber trotzdem mit Wiedererkennungswert. Man merkt, wie viel Herzblut und Potential in dieser Platte steckt.
Keine neuen Helden gehört für mich definitiv zu einem der besten Alben 2017 und darüber hinaus.
...gelungenes Album...die längere Wartezeit konnte ich mit Vorfreude überbrücken...Der Sound und die Produktion gefällt mir...Gib weiter Gas...LK
Kann man sicher gut anhören, wenn man am Sonnabend nen neuen Couchtisch im Einrichtungshaus kauft und danach bei nem Milchkaffee über die Oberflächlichkeit der heutigen Zeit und Gesellschaft siniert. Fazit: Ein wunderbares Album!
Ey. Milchkaffee ist geil.