laut.de-Kritik
Neues von Rancids wandelndem Tattoo-Museum
Review von Mathias MöllerAls ich die CD in den Händen halte, frage ich mich doch einen Moment, ob mit dem guten Schuh noch alles in Ordnung ist. Die Scheibe heißt "Viking", zu sehen ist ein Wikingerboot mit gehisstem Dänenflaggensegel. Eigentlich ein klarer Fall für "Le Frisur" Edele. Doch der Einstieg "Bastards" verrät, das Ding ist bei mir richtig. Eins, Zwei, Drei, Vier, kurz durchgezählt, alle drei Akkorde am Start. Und wie!
Lars Frederiksen, das wandelnde Tattoo-Museum von Rancid behelligt uns mit seinem zweiten Soloalbum. Mit dabei seine Bastards, trotzdem klingt es besonders am Anfang schon sehr nach den ranzigen Kollegen. Und das ist der gute Teil. Die ersten drei Stücke sind schneller als Ben Johnson mit Durchfall, amerikanische Jugendliche zerdrücken sich zu solcher Musik wahrscheinlich Bierdosen auf dem Kopf.
Besonders "Skins, Punx And Drunx" und "Fight" lösen das Verlangen aus, imaginäre Mitbewohner durchs Wohnzimmer zu schubsen. Mit "1%" wirds dann schon fast gemütlich, auch die leisen Töne kennt man ja schon von Rancids letztem, großartigen Album "Indestructible". Doch damit nicht genug: "Marie Marie" intoniert (fast) echten Rockabilly-Sound, dass die Stray Cats feuchte Augen bekommen würden. Dazu gesellen sich Saufsongs in irischer Tradition ("My Life To Live", bei dem Rancid-Kollege Tim Armstrong vokal assistiert) oder das mit Hardcore-Referenzen spielende "Gods Of War".
Zwischendurch findet der zunehmend gesichtstätowierte Frederiksen immer zurück zu hochwertigem Old-School-Punk ("Maggots" oder das fast rock'n'rollige "Streetwise Professor"). Dreckig und rauh wie gebrauchtes Sandpapier. Da kann man dann auch die etwas hohlen Texte von "1%" oder "Switchblade" (Ghettoplattitüden im Punk? Muss das sein?) verzeihen. Nur mit den Streichern am Ende übertreibt er es etwas.
Einen Haken hat die Sache noch: von Tim Armstrong produziert und mit Hilfe von Brett Gurewitz abgemischt, klingt das Album viel cleaner, als es die Gesellen dahinter sind. Man hört die Musik, aber man hört nicht die Tattoos, das Bier, die nackten Frauen aus dem Booklet. Ein wenig weniger Schliff hätte den Wikinger-Bastarden wohl gut getan. Denn deren Vorfahren waren gerade wegen ihrer Ungehobeltheit gefürchtet und rockten halb Europa in Grund und Boden.
1 Kommentar
gute Review