laut.de-Kritik
Zwischen Himmel und Hölle.
Review von Jasmin LützMan glaubt gleich wieder an das Gute im Menschen, wenn man die Amerikaner Le Loup (dt. der Wolf) zum ersten Mal hört. Ihr Debüt "The Throne Of The Third Heaven Of The Nations' Millenium General Assembly" ist eine musikalische Symbiose mit allerlei Tönen, Effekten und Stimmungs-Schwankungen. Aber niemals zu wuchtig, sondern immer dezent und unaufdringlich.
Der Albumtitel stammt im Übrigen von einem amerikanischen Außenseiter-Künstler namens James Hampton, der eigenen Angaben zu Folge regelmäßig Besuch von Gott erhielt. In den 50er Jahren bastelte der Hausmeister, jeden Tag nach Feierabend, an einem Kunstwerk herum, das aus über 180 Einzelteilen bestand. Es war der "Thron des dritten Himmels der allgemeinen Jahrtausend-Versammlung der Nationen". Ein einzigartiges, religiöses Kunstwerk aus Pappe und Schrott. Das Le Loup nun quasi vertonen.
Ein Banjo, gespielt von Sam Simkoff, leitet diese gigantische Exkursion ein und erinnert zunächst an das Flußfahrtabenteuer "Deliverance" ("Beim Sterben Ist Jeder Der Erste" von John Boorman) und das wohl beeindruckendste Musikstück in der Geschichte der Filmmusik: "Duelling Banjos".
Das traditionelle Zupfinstrument bei Le Loup duelliert sich allerdings vorwiegend mit dem Chor-Gesang. Ein ästhetisches Zusammenspiel, das immer wieder bei neueren Bandformationen Anklang findet (s. I'm From Barcelona oder The Elephants, Friska Viljor). Fast alle Musiker sind am Choral beteiligt, rasseln, klatschen und spielen nebenher an sich oder verschiedenen Gerätschaften.
Die Inspiration für ihre erste Platte fand das mehrköpfige Ensemble aus Washington D.C. in der Literaturgeschichte. "The Throne..." ist eine musikalische Umsetzung von Dantes "Göttlicher Komödie", einem der bedeutendsten Werke der Weltliteratur. Bandleader Simkoff verarbeitet hier sowohl den literarischen Abstieg in die Hölle wie auch seine eigenen, persönlichen Krisen. Eine Reise durch das flammende Inferno, das Fegefeuer und das Ziel, endlich im irdischen Paradies anzukommen. Schlussendlich eine faszinierende Indie-Folk Platte, die durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient.
Mal reicht es den Protagonisten, das Geschehen nur mit Chor-Gesang einzuleiten ("Planes Like Vultures"), um dabei den Gänsehaut-Faktor mächtig zu erhöhen ("Howl"). Die Harmonie zwischen analogen Instrumenten, digitalen Effekten und dem mehrstimmigen Gesang unterstützen die sternenklare Atmosphäre in "To The Stars! To The Night!", die prompt abgebrochen wird um dann in ein experimentelles Sound-Gewitter umzuschlagen ("Storm").
Zwischen den Beach Boys, Arcade Fire und The Polyphonic Spree wandelt die Gruppe und bewegt sich dabei allerdings minimalistischer und weniger hippiesk als ihre euphorischen Kollegen. Demnach liegt die Geistesverwandtschaft wohl eher in Kollektiven wie Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra. Verzweifelter Weltschmerz, deren gemeinschaftliches Zusammenspiel große Freude bereitet. "I Had A Dream I Died" beendet die Hetzjagd durch den dunklen Wald. Die Vögel zwitschern und der Hörer landet im Garten Eden und ist jeder Zeit wieder dazu bereit mit Le Loup durch die Hölle zu gehen.
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