laut.de-Kritik
Melodien für Millionen.
Review von Eberhard DoblerLinkerhand schieben Tunde Baiyewu und Paul Tucker ihr Auto durch die Stadt - es schüttet wie aus Kübeln. Diese Kulisse, die wir in Varianten aus Tausenden von Pop-Dance-Videos kennen, passt zur Platte: The Lighthouse Family sind zwei nachdenkliche, stylishe Herren aus Newcastle, die erwachsene und trotzdem erfolgreiche Songs zwischen Pop und Soul produzieren. Dabei wird öfters mal auf die Tränendrüse gedrückt.
Schon erstaunlich. Zwei englische Barkeeper beschließen irgendwann, statt Drinks Musik zu mixen. Und das Ergebnis, ob man es mag oder nicht, hört sich an, als hätten die beiden nie etwas anderes gemacht. Soul-beeinflusste Pop-Musik mit der Betonung auf Soul ist ziemlich angesagt. Lighthouse Family sind in dieser Sparte schon länger unterwegs und warten mit tiefen, warmen Vocals auf. Tundes soulige Stimme hat einen hohen und durchaus angenehmen Wiedererkennungswert.
Dieses Plus ist zugleich ein Minus. Denn auf Albumlänge nutzen sich diese Vorzüge, gerade in Verbindung mit Tundes Gesangslines, doch relativ schnell ab. Die Single "(I Wish I Knew How It Would Feel To Be) Free/One", ein Mix aus U2s gern zitiertem "One" und Nina Simones Black Community-Hymne aus den Sechzigern "I Wish I Knew How It Would Feel To Be", ist bereits in den Charts platziert und könnte ein ähnlicher Erfolg wie "High" werden. "Happy" passt vorzüglich zu einem (einsamen) Abend am Tresen eines schicken Clubs. Schön auch der unaufdringliche Flair von "Life's A Dream". Der raueste und gleichzeitig erfrischenste Track ist "Wish" mit seinen leicht angezerrten Gitarren-Licks.
Ansonsten dominieren Streichersätze, Rechnerbeats, schwarze Basslines und Akustikgitarren. Man könnte der Platte angesichts eines Haufens fragwürdiger Chart-Produktionen durchaus drei Punkte geben. Dennoch gefallen unter dem Strich nur drei oder vier Songs. Die restlichen fallen vor allem unter die Rubrik Melodien für Millionen. Wer auf Hitparaden-Musik steht, kann sich angesichts solcher Stücke wie "End Of The Sky" oder "You Always Want What You Haven't Got" das dritte Album der Lighthouse Family ungehört kaufen - und unterstützt damit wenigstens ernsthafte Musiker.
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