laut.de-Kritik
Bodenständiger Südstaatenrock mit gewaltigen Gitarrenriffs.
Review von Giuliano BenassiDie guten alten Südstaaten melden sich dieses Jahr eindrucksvoll zurück. Im April veröffentlichte die Allmann Brothers Band mit "Hittin' The Note" ihr erstes Studioalbum seit sieben Jahren, nun folgen Lynyrd Skynyrd mit "Vicious Cycle". Auch ZZ Top haben demnächst mit "Mescalero" zum ersten Mal in diesem Jahrtausend neues Material im Regal stehen.
Stilwechsel sind selbstverständlich Tabu. Gewaltige Riffs, dröhnende Gitarren und Lyrics, in denen sich die Herkunft wider spiegelt, dazu eine Prise Lebenserfahrung und die Routine aus tausenden Liveauftritten - die Herren wissen, wie sie ihr Publikum fesseln und begeistern.
So startet "Vicious Cycle" ohne Überraschungen. Der Opener "That's How I Like It" ist nicht nur im Titel programmatisch: Das kurze Bottleneck-Intro lässt bald einem "taaata taaata"-Riff den Platz, während Sänger Johnny Van Zant mit rauchiger Stimme "got a pick-up truck and no Mercedes, that's who we are" ins Mikrofon schreit. "The American flag it makes me proud", heißt es kurz danach, womit sich Lynyrd Skynyrd als Sprachrohr der amerikanischen Arbeiterklasse bestätigen, nachdem Bruce Springsteen in den letzten Jahren doch etwas kritisch und selbstbezogen wurde.
Wie gewohnt verteilen sie Ratschläge und nehmen zu diversen ungemütlichen Themen Stellung. In "Dead Man Walking" geht es um Bürger, die nach einem Polizeiirrtum die Strafe selber in die Hand nehmen wollen, in "Jake" stirbt ein Vater bei einem Schusswechsel, als er seine Tochter in den Armen ihres Freundes erwischt. Die Tätigkeiten der Amis im Nahen Osten beschreiben sie mit "Got our head stuck in something overseas, standing ass deep in hypocrisy".
"Irgendwas auf der anderen Seite des Meeres" – der Spruch könnte von George W stammen, Kritik an ihrem Präsidenten soll das aber wohl nicht sein. "Du denkst, es genau zu wissen, aber du wirst stolpern. Um wieder aufzustehen, musst du kriechen" heißt es zwar in "Life's Lessons", sicherheitshalber beteuern sie auf "Red White And Blue" noch mal ihre Treue zur Flagge und den Werten der US-Arbeiterklasse. "I keep on working, like a worker would " singt Gast Kid Rock auf dem Bonus Track "Gimme Back My Bulletts".
Texte beiseite, beeindrucken Lynyrd Skynyrd durch ihr gewaltiges Gitarrenspiel, in das sich auch Klavier und Bläser gut einbringen. Rock'n'Roll!, wie Ozzy zu sagen pflegt. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass es die Band schon seit 40 Jahren gibt und mittlerweile fünf Mitglieder weggestorben sind, nur einer unter ihnen aus natürlichen Gründen, ist "Vicious Cycle" ein durchaus überzeugendes Album.
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