laut.de-Kritik

Mutig, ungekünstelt, zärtlich und aufbegehrend.

Review von

Mit dem Hitparaden-Kracher "Und Ganz Doll Mich" plädierte Rolf Zuckowski 1982 mit seinen kleinen Freunden einst für ein Leben, das von freudvollen Erfahrungen und einem starken Selbstbewusstsein geprägt ist und die Bedürfnisse der kleinen Protagonisten in den Mittelpunkt rückt. Musikalische Niedlichkeit vereinte sich mit sanftem pädagogischen Anspruch.

Mit dem Song "Ich Bau Mir Ein Zelt" greift Maike Rosa Vogel nicht nur lyrisch eben jenen Kontext auf. Freilich geschieht das nun aus der Sicht des Erwachsenen, der aus Krisen gelernt hat und trotz aller Unvollkommenheit die Schönheit des Ichs und dessen Körperlichkeit zelebriert und konkrete Ansprüche formuliert.

Diese Thematik durchzieht das zweite deutschsprachige Album dieser Berliner Liedermacherin, das in Teilen von ihrem großen Fürsprecher und Element Of Crime-Kopf Sven Regener produziert wurde.

Den Selbstzweifeln, der Entfremdung und dem Scheitern begegnet Maike Rosa Vogel bisweilen mit lyrischer Trotzigkeit und Bissigkeit, dem zwischenmenschlichen Glück und der Hoffnung mit herzerwärmender Zärtlichkeit. Der ungekünstelten Machart, die hier und da an den frühen Tilman Rossmy erinnert, wohnt dabei stets eine Doppelbödigkeit inne. Die Analyse des privaten Daseins gerät bei ihr zur Anklage an einengende gesellschaftliche Zusammenhänge und zu einem Aufruf, die eigenen Ängste abzubauen und aktiv die Welt zu verändern.

Von elektronischen Einlagen, die noch das Debüt "Golden" prägten, sieht Frau Vogel diesmal ebenso ab wie von der Rhythmisierung durch ein Schlagwerk. Die Songs werden von der Akustikgitarre geführt, die Maike mal gezupft zum Einsatz bringt ("Alle Meine Liebe"), aber vorwiegend auf die wirkungsvolle Schlichtheit der geschlagenen Akkorde setzt. In traditioneller Folk-Manier spielt sie dazu die Mundharmonika ("Die Mauern Kamen Langsam") oder gefällt mit hübschen Streicher- und Bläserarrangements ("Deine Haut", "Er Sagte").

Daneben setzt sie auf die Begleitung des Pianos, das sich zur sperrigen E-Gitarre und verschlungenen Melodielinien melodramatisch seinen Weg bahnt ("Alle Meine Träume Wahr", "Liebe Gemacht", "Kann Ich Bleiben?") oder fröhlich hüpfend der weiblichen Selbstverwirklichung das Wort spricht ("Das Mutigste Mädchen der Welt").

Maike Rosa Vogel setzt auf das Unperfekte, ihre Lieder versprühen einen sympathischen LoFi-Charme, der sich auch in ihrer mal aufbegehrenden, mal fragilen Gesangsstimme äußert. Mit ihren aufrichtigen und ironiefreien Texten, die sich nie in zu verrätselten metaphorischen Stilblüten verlieren, schafft sie eine Unmittelbarkeit und Authentizität, denen in der derzeitigen deutschsprachigen Songwriterszene ein besonderer Platz gebührt.

Mit "Unvollkommen" hat Vogel ein mutiges und absolut liebenswertes Werk eingespielt, das sich zwischen Folk, Chanson, Wohnzimmerpop und Kinderlied bewegt und keinen Zweifel daran lässt, dass es lohnt, sich für das eigene Glück und ein gelungenes Leben einzusetzen:

"Und hier bin ich und will so viel geben / Und hier bin ich und glaube an ein wunderschönes Leben / Und daran, dass in den allerschwersten Zeiten das Gefühl zu teilen / Einen überleben lässt / Und egal was sie sagen, das werd ich niemals verneinen" ("Faule Menschen").

Trackliste

  1. 1. Alle Meine Liebe
  2. 2. Die Mauern Kamen Langsam
  3. 3. Alle Meine Träume Wahr
  4. 4. Ich Bau Mir Ein Zelt
  5. 5. Deine Haut
  6. 6. Meine Haut
  7. 7. Liebe Gemacht
  8. 8. Das Mutigste Mädchen Der Welt
  9. 9. Faule Menschen
  10. 10. Kann Ich Bleiben?
  11. 11. Er Sagte

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LAUT.DE-PORTRÄT Maike Rosa Vogel

"Meine Lieder handeln eigentlich immer von mir. Meistens schreibe ich dann, wenn ich etwas aus mir rauskriegen möchte – egal ob positiv oder negativ.

1 Kommentar

  • Vor 13 Jahren

    Naja, ich bin nicht so von ihr überzeugt. Hab sie vor einem Jahr mal als Vorband von Clare The Reasons gesehen und da hat sie vor allem unter Beweis gestellt, dass sie zwar eine tolle Stimme hat, aber nicht besonders gut Gitarre spielen kann. Außerdem fand ich ihre Songs lahm. Aber wer weiß, vielleicht ist sie ja besser geworden, hatte Hilfe beim Songwriting und das Album ist wirklich gut. Wünschen würde ich es ihr, denn gesanglich ist Potential da.