laut.de-Kritik
Zauberhafte Reizüberflutung.
Review von Stefan MertlikMatthew E. White bezeichnet "K Bay" als sein neues erstes Album. Mit der Veröffentlichung dieser dritten Soloplatte beginnt für den 39-Jährigen die nächste künstlerische Ära. Im frisch eingeweihten Heimstudio Kensington Bay – daher der Albumtitel – lebt sich White ohne Grenzen aus. "K Bay" klingt entsprechend vielfältig.
Die Percussion-Orgie in "Let's Ball" steht mit ihrem warmen, live eingespielten Sound wie selbstverständlich neben den Kicks und Snares aus dem Drum-Computer in "Electric". Harfen, Geigen und Xylofone – White nutzt eine breite Palette an Instrumenten für seinen stilverbindenden Rock. Dabei dirigiert der Musiker aus Virginia, langjährige Kolleginnen und Kollegen spielen ein.
"Fell Like An Ax" beginnt mit einem düsteren Synthesizer-Intro. Schüttelidiophone und Piano lösen die dramatische Stimmung auf. Es folgt ein knapp siebenminütiges angejazztes Popstück mit Glocken, elektronischen Spielereien und ordentlichem Hall auf der Stimme. Reizüberflutung nennen es die einen, andere freuen sich, weil es viel zu entdecken gibt. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.
White fordert seine Hörerinnen und Hörer immer wieder heraus. Das letzte Albumviertel eröffnet er mit dem so schmissig wie psychedelischen "Judy". Die Hook setzt sich im Hirn fest wie ein Bandwurm und verwandelt das Stück in den Hit der Platte. "Never Had It Better" lenkt mit hin und her pendelnden Flacker-Synthies ab, bis sich die immer intensiver werdenden Streicher nicht mehr verstecken können.
Mit gut umgesetzten Ideen und eingängigen Kehrversen gibt sich White allerdings nicht zufrieden. Der Musiker beschäftigt sich in seinen Texten mit schweren Themen: "We've done our best to turn our back, learned by heart the ways to tie a noose", beginnt er in "Only In America" zu singen. Es folgt eine herzerweichende Auseinandersetzung mit dem eigenen Vaterland. Am Ende widmet er das Lied zwölf Afroamerikanern, die durch Polizeigewalt und Rassismus ums Leben kamen.
White hatte eine Vision, die er in ein kohärentes und dennoch abwechslungsreiches Album übersetzt hat. Auf "K Bay" gelingt ihm der Spagat zwischen simplen Lagerfeuermomenten und komplexen Arrangements. Wenn so das Ergebnis eines eigenen Musikstudios klingt, können sich Fans und Freunde des Musikers auf eine goldene Zukunft mit ihm freuen.
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