laut.de-Kritik
Ein Elfenbeinturmbewohner auf der Suche nach Ewigkeit.
Review von Jasmin LützIch weiß nicht, wie Herr Hecker das schafft, aber eine Gänsehaut verpasst er mir immer noch, sobald sein erstes Gefühlsstöhnen das Mikrofon erreicht. Seine Stimme setzt nach wie vor einen Meilenstein im Feld der sensiblen Melancholie-Singer/Songwriter. Er selber sagt ja, dass es in seinen Liedern eher um Glückseligkeit geht. Die erkennt man tatsächlich und das kribbelt dann auch ganz hübsch in der Bauchgegend. Nach den wundervollen "Infinite Love Songs", der leicht dornigen "Rose" und dem ausgeschlafenen "Lady Sleep", heißt es nun für den Multiinstrumentalisten: "I'll Be A Virgin, I'll Be A Mountain".
Hecker (liebevoll auch Maxi genannt), steht neuen Einflüssen stets offen gegenüber und bleibt dabei doch seinen Wurzeln treu. Neben seinen gängigen, befreienden Tränenausbrüchen reitet er nun auch ein wenig gen Sonnenuntergang und festigt dabei die Stimme. "Velvet Son" ist ein kleiner musikalischer Ausritt ins beschwingte Country-Gewerbe und in "Wilted Flower" säuselt er fast gar nicht mehr. Vielmehr verabschiedet er sich mehr und mehr von seinem Falsett-Akzent und sagt "Ja" zur Bruststimme!
Neben reichlich Gitarrenklang und Fender Rhodes-Piano ist nun auch die Hammondorgel zu Gast bei Maxi ("Your Stammering Kisses") und versetzt den Hörer in eine End-60er Jahre-Tanztee-Schönheit (Äh, ja!, Anm. d. Red.). Einige Freunde gesellen sich dazu, die man neuerdings ja gerne zu ein paar Sessions einlädt. Geigenpower, wie in "Silly Lily, Funny Bunny" kennen wir schon aus alten Zeiten. Der Wahlberliner versteht es eben, einen gestressten Körper ruhig zu stellen. Himmlische Pianoklänge regieren den Trancezustand und egal wie kitschig es auch sein mag, mit Glockenspiel ("Feel Like Children") und Chorgesang wird es richtig schummrig und gesellige Schwermut breitet sich aus. Das muss diese Magie sein, von der in letzter Zeit oft und gerne die Rede ist.
Herr Heckers Musik eignet sich nach wie vor bestens zum Abschalten oder starr in den Himmel gucken. Der einsame Weltenbummler, der bereits Asien erobert hat. Die globalen Fanclubs vermehren sich fast täglich und alle lieben seinen missionarischen Indiepop. Der eigenwillige Elfenbeinturmbewohner, der kindliche Kaiser, auf der Suche nach Ewigkeit und Reinheit. Und am Ende steht zufriedenes Altern ("Grey").
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