laut.de-Kritik
Träume und Alpträume von Kohle, Karren, Klamotten.
Review von Dani Fromm"You don't grind you don't shine", besagt eine Weisheit der Straße. Meek Mill muss mächtig geackert haben: Sein Stern strahlt blendend hell. Spätestens seit er in Rick Ross' Maybach Music-Stall Unterschlupf gefunden hat, rollt der Rubel mit der Erfolgswelle um die Wette.
Beides sei dem Mann aus Philly von Herzen gegönnt. Schade bloß, dass - wie in so vielen Fällen - die Kreativität auf der Strecke bleibt, sobald das Geldzählen zur abendfüllenden Beschäftigung avanciert. Meine Markenklamotten, mein Auto, mein anderes Auto, meine Uhr - wir oft habe ich das in den letzten Monaten gehört? Es interessiert mich halt leider immer noch nicht.
Immerhin: Meek Mill versucht gar nicht erst, seine verschobene Interessenslage zu verschleiern. Ganz offenbar überwältigt vom wirtschaftlichen Erfolg freut er, mittlerweile "Rick & Famous", sich daran und macht keinen Hehl aus seiner Fixierung auf "Polo & Shell Tops".
"Look how far we came", schlägt John Legend in die gleiche Kerbe. Nas und Labelboss Ross begleiten den jungen Kollegen, dem die tief sitzende Verwunderung über seinen kometenhaften Aufstieg ins Gesicht geschrieben steht, auf seinem Weg vom Knast in die Hall of Fame.
"Money makes the world go around and all the pretty girls go down." Für Meek Mill wohl eine neue, schwer beeindruckende Erkenntnis. Auch diese Erfahrung gönne ich ihm - zumal er dem für einen der "Young Kings" doch etwas lahmarschig geratenen Beat munter davon rappt. "Life's a bitch but I go deep up in that pussy." Viel Spaß dabei.
"Money, cars and clothes, I wanted 'em all." Spätestens in "Polo & Shell Tops" sollte dieses Glühbirnchen auch in der Rübe des begriffsstutzigsten seiner Hörer so langsam aufgegangen sein. Hochgradig bedauerlich, dass über dem Dauersuhlen in den Penunzen die Geschichten zu kurz kommen. Da nämlich liegt Meek Mills eigentliche Stärke.
Wenn er, wie in "Traumatized", seine nicht gerade erfreuliche Vergangenheit rekapituliert, geschieht dies mit ungeheuer gequältem Unterton. Selbst dem Friedfertigsten leuchtet ein, dass im Elend Wut und Rachegelüste keimen. Produzent Boi-1da gelingt zugleich das Kunststück, den ewigen Gewitterschauer einmal nicht wie ein Versatzstück aus der Klischeekiste erscheinen zu lassen.
Einmal? Er kanns noch öfter: Auch zu "Tony Story Pt. 2", ein weiteres Kapitel in einer wahrhaft episch angelegten Abhandlung über den Teufelskreis aus Selbstjustiz und Gewalt, verantwortet Boi-1da den Beat. Auch hier wirken die strapazierten Klänge von Piano und Streichern alles andere als ausgelutscht. Wenn am Ende Meek Mills Zeilen ganz alleine im strömenden Regen stehen und die Schüsse verklungen sind, meint man, der Himmel weine um Opfer und Täter. Großartig.
Ohnehin hat es Meek Mill unvergleichlich drauf, seine Zeilen mit einer solchen Verachtung zu spucken, als rotze er zusammen mit jeder Silbe einen amtlichen Batzen Auswurf ins Mikrofon. "I did it without an album." Ja! Genau deswegen! "With this beef I turn my enemies to memories." Zweifelt jemand?
In gewisser Weise steht der Titel exemplarisch für das ganze Album: Es birgt tatsächlich "Dreams And Nightmares", im Fall des gleichnamigen Tracks sogar innerhalb einer einzigen Nummer. "You thought I was finished?", verpasst Meek Mill einem da nach der Hälfte der Laufzeit voller perlender Klavierläufe völlig ansatzlos eine schallende Watsche und kippt in garstigen, aggressiven Wahnsinn.
Der chronische Kniefall vor dem Mammon rüttelt nicht am guten Eindruck, der einen hier schon beschleicht. Nicht der total enttäuschende, weil glanz- und seelenlose Gastbeitrag von Mary J. Blige in "Who Your With". Nicht das allüberall eingestreute nervtötende "Maybach Music"-Jingle. Noch nicht einmal eklige Autotune-Passagen: "Lil nigga but I'm lionhearted".
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