laut.de-Kritik
Die Berliner Retro-Combo zeigt uns, wie die 80er-Jahre wirklich waren ...
Review von Rainer HenzeGrell überschminkte Augen, geschmacksbefreite Frisuren und schultergepolsterte Jacketts zu billigen Rhythmen und infantilen Holperreimen - in ihrer Vorab-Single "Alles Neu" und dem dazu gehörigen Video erinnert uns die Berliner Retro-Combo Mia daran, wie die 80er-Jahre wirklich waren: Grässlich. Danke Mia! In Zeiten allgemeiner Verklärung eines stylemäßig unentschuldbaren Jahrzehnts musste dieser Beweis einmal geführt werden. Insofern eine wertvolle aufklärerische Arbeit. Eine schonungslose Satire auf den aktuellen Hype. Könnte man meinen.
Aber weit gefehlt: Mia meinen es ernst. Von Ironie keine Spur. Was die Marketingstrategen des zuständigen Unterhaltungskonzerns Sony gerne als "Elektropunk" bezeichnet sähen, hat mit Punk so viel gemein, wie Oli P. mit Hip Hop. Nein, vorliegendes Produkt ist der ungewandte Versuch, sich irgendwo zwischen Geissens tumber 80er-Show und krediblen Acts wie 2Raumwohnung eine ordentliche Scheibe vom großen Retrokuchen abzuschneiden.
Und so gilt der größte Dank in den Linernotes auch der diensthabenden "Image-Designerin". Ungeniert wird die Ware an Helden der kurzen kreativen Auftaktphase eines später als "Neue Deutsche Welle" kommerzialisierten Musikphänomens heran geschleimt. Man versucht sich vergeblich in Ideal-Kopie. Heraus kommt mangels Originalität nicht mal Fräulein Menke oder Hubert Kah. Alles kreist kontinuierlich um ausgeleierte Wave-Riffs, müde Beats und altbekannte Elektrosounds. Die unvermeidbare Coverversion von Bowies "Heroes" spottet jeder Beschreibung.
Dümmliche Textergüsse runden das Bild ab: "Du weißt es wird passieren. Die Bombe explodiert. Dein Glied wird erigieren. Und dann wird es vorbei sein." Hui, da hat jemand "erigieren" gesagt. Hoho. Wie gewagt. Pulleralarm. Das alles wirkt so schamlos konstruiert, dass der Eindruck entsteht, Mia seien direkt der Entertainmentretorte einer nachmittäglichen Daily-Soap entsprungen. Dem versucht die PR-Abteilung mit der Verortung von Sängerin Mieze & Co. im Herzen der hauptstädtischen Subkultur entgegenzuwirken. Bedauernswertes Berlin. Ist das wirklich deine "Szene"? Wollen wir mal nicht glauben.
"Auf PC/Mac nicht abspielbar." In Dankbarkeit fällt der Blick auf diesen oft so verfluchten Warnhinweis. Besser so. Kopierschutz gegen die Gefahr des replikativen Schwunds. Schlimme Scheibe.
12 Kommentare
laut.de kritiken sind halt laut.de "kritiken"...
Was ist denn eine erbeere?
dum, buchstaben vergessen. sollte bestimmt erbe-ehre heißen
Ja die alten Sachen sind schon geil. Aber der Stil muß sich ja weiterentwickeln und verändern. Sonst wird`s ja irgendwann langweilig und Mia wirkt dann irgendwann wie ihre eigene Parodie.
Mir gefallen die neuen Stücke auch gut. "Mein Freund" finde ich geradezu genial.
Man muß sie aber auch nicht mögen. Ist halt Geschmacksache.
Ich sage dazu nur:
Leser-Bewertung 4 Sterne, Kritikerbewertung 1 Stern.
Na da ist jemand aber überstimmt
Das Album ROCKT!
Guter Erstling.
Mit Blick auf die Punkte Energie, Rotzigkeit und thematische Bandbreite erlaub ick mir mal folgendet Urteil: Mieze 2002 bis 2006 = legitime Nichte von Tamara.
Ästhetik der Videos von Mia dafür fast durch die Bank absolut nich meins - Deshalb fahr ich mir die Sachen auch jetzt erst rein.
Zur Rezension ist bereits alles geschrieben - war doch letztendlich guter Ansporn für die folgenden CDs.