laut.de-Kritik
Hookline-Wettrennen mit Run The Jewels und Charli XCX.
Review von Kim Lange"Vielleicht wären wir kommerziell erfolgreicher, hätten wir die Uhr angehalten und etwas gemacht, das wie 'Animal' klingt" - Andrew Wyatt, Sänger des Trios Miike Snow, nimmt in einem Interview mit dem Rolling Stone gleich alle Hoffnung vorweg, an alte Mainstream-Erfolge anzuknüpfen. Damit könnte er sogar Recht haben.
2009 war das Jahr von Miike Snow: Die Geburt des elektronischen Piano-Pops, der sämtliche Indie-Floors dieser Welt säumte. So gut und erfolgreich, dass sich davon so einige Künstler inspirieren ließen und die Band selbst mit dem Zweitling "Happy To You" drei Jahre später nicht mehr den Debüt-Erfolg wiederholen konnte.
Nun ist das Gespann, bestehend aus Allround-Talent Wyatt und dem schwedischen Produzentenduo Christian Karlsson und Pontus Winnberg aka Bloodshy & Avant, nach vier Jahren mit "iii" zurück. Und wie das so ist bei Album Nummer drei, dem ein Gutes und ein nicht ganz so Gutes vorausgegangen sind, ist die Erwartungshaltung nun entsprechend hoch. Die Vorab-Single "Genghis Khan" sorgte mit treibenden Beats und einem an James Bond angelehnten Video bereits für große Begeisterung.
Auch der vorab veröffentlichte Sample-Track "Heart Is Full" haut mit schweren Bläsern und Drums ganz schön rein. Dafür ist Miike Snow mal kurz in die Zeit des 90er-Hip Hop gereist und holte sich für die Remix-Version das Rap-Duo Run The Jewels an die Seite. Auch das zweite Feature auf der Platte, "For You", kann sich hören lassen: Die britische Pop-Prinzessin Charli XCX verleiht dem hektischen, mit Drumpads und verzerrtem Gesang versehenen Song einen romantischen Refrain.
Eingängige Hooks waren ja schon immer das Steckenpferd der Band: "Wir wollen etwas wohl überlegtes, Menschliches in Popsongs stecken, um das Ganze dann mit einer Hook wieder zu töten", klärt Wyatt weiter auf, "das ist der Grund, warum wir drei zusammen in einer Band spielen sollten, das ist der Kleber, der uns als Musiker zusammenhält. Wir alle lieben Hooks und wir sind alle in gewisser Weise gut darin, deshalb machen wir das."
Egal, ob bei dem locker-leichten Opener "My Trigger", "Lonely Life" oder dem rockig anmutenden "Over & Over": Eingängige Hooklines findet man auf "iii" en masse. Leider sind ein paar Songs aber auch etwas banal gestrickt, etwa die melancholische Ballade "I Feel The Weight", bei der Wyatts Stimme einige Autotune-Filter passieren muss. In "The Heart Of Me" tritt die Ohrwurm-Qualität zwar erneut zu Tage, die "Oh oh oh oh-oh-oh"-Chöre kehren Wyatts Zielvorgabe leider ins Gegenteil um: Die Hook tötet hier vor allem das Hörvergnügen.
Miike Snow sind erwachsener geworden, die Tanzfläche ist schon lange nicht mehr ihr hauptsächliches Revier, um die Liebe geht es aber noch immer. Dass ein Album im digitalen Zeitalter nicht von allen Bandmitgliedern zusammen an einem Ort aufgenommen wird, ist wohl normal. Leider ist das Gesamtpaket dadurch nicht ganz so stimmig, wie es sein könnte. Nicht jedermanns Geschmack dürften auch die Filter sein, die Andrew Wyatts zeitweise dünne Stimme oft aufpeppen sollen. Dennoch findet man auf "iii" einige grandiose Tracks, die ins Herz und ins Bein gehen.
3 Kommentare mit einer Antwort
Die Vorabsingles fand ich ja bereits sehr gut. Mal sehen, wie das komplette Album im Ohr hängen bleibt
Hm, na ja, doll is nich...
Hab das Album jetzt auch mal komplett durchgehört. Finds ebenfalls nicht überzeugend ^^
Hab ich neulich mal nachgeholt, weil mir beide Vorgänger eigentlich sehr gefallen haben. Bei denen hätt' ich es aber auch belassen können. Neben Genghis Khan und Heart Is Full finde ich das in der Rezi gerügte I Feel The Weight noch ganz cool, ansonsten viel Gefälliges auf Album Nr. 3, diesmal leider eher im Sinne von: langweilig. Mit ein bisschen Fan-Bonus 3/5.