laut.de-Kritik
Hip Hop in seiner ganzen klanglichen Vielfalt.
Review von Philipp GässleinDie hip hop-übliche Vorstellung des gleich loslegenden Künstlers im Intro verrät hier Einiges über die eingeschlagene Marschrichtung: Ein Thema, das ebenso gut aus einem französischen Film stammen könnte, erstaunlich wenig Selbstverherrlichung, dann ein krasser Split zu einem Elektrobeat à la Super Nintendo. Und eines gleich vorweg: Die gesamte CD schafft den Spagat zwischen dickem Gebounce und nachdenklicher Poesie ohne merkliche Unstimmigkeiten.
Der Flow des relativ unbekannten Murs kann sich durchaus mit den Großen im Geschäft messen. Das beweist er gleich zu Beginn mit "Bad Man!". Wenn der Text sich auch wie so viele lediglich darauf beschränkt, der weiblichen Welt die eigenen Vorteile möglichst beeindruckend zu schildern, so hebt sich der Song doch durch die Ausführung deutlich von denen seiner Konkurrenten ab: Der Style kopiert Ex-Fugee Wyclef äußerst köstlich und serviert dazu einen sehr chilligen Reggaebeat.
Dafür rummst der Bass bei 3:16 so richtig. Murs' Producer 9th Wonder, der im letzten Jahr auch auf Jiggas Black Album mitwirken durfte, entwickelt einen sehr interessanten eigenen Stil, der auch auf die volle Distanz nicht langweilig wird. Lediglich die verzerrten Stimmen, die anfangs in so gut wie jeden Track hinein gesampelt sind, wirken nach einer Weile eintönig und einfallslos.
Lyrisch glänzen besonders "Trevor An' Them", das wohl deswegen auch eine recht simple Untermalung zugeschustert bekam, und "Walk Like A Man". Dieser Track erzählt mit einem grandiosen Beatwechsel in der Mitte eine Geschichte aus Murs' Leben im Ghetto, in deren Verlauf sein bester Freund erschossen wurde.
Murs zeigt auf dem Album erstaunliche MC-Fertigkeiten: Neben dem angesprochenen Wyclef Jean orientiert er sich bei "Freak These Tales" am Style von Jay-Z. Auch das Jazzsample, das 9th Wonder für den Track auswählte, ist ebenso schön wie absolut passend. Bei anderen Tracks möchte man wiederum fast meinen, der junge Nas spreche durch die Boxen.
Murs könnte ein großer Name auf den Zetteln all derer werden, die mit dem crunkorientierten Hip Hop, der in den Staaten derzeit dominiert, nichts anfangen können und sich in das heilige Jahr 1995 zurück träumen. An legendäre Alben wie "Illmatic", "Unreasonable Doubt" oder "The 36 Chambers" reicht "3:16" zwar aufgrund mangelnden Tiefgangs nicht heran, die meisten der aktuellen Veröffentlichungen wirft es allerdings mühelos aus dem Rennen.
1 Kommentar
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