laut.de-Kritik
Die Reifeprüfung: vom Funkrock zum Britpop und zurück.
Review von Stefan JohannesbergSpitze Schreie, groovige Funk-Gitarren und ein Drum-Fundament, das selbst Roots-Genie ?uestlove den Rhythmus in die Fußnägel treibt: "Fly Or Die", das zweite Album der Neptunes-Band, hebt den tot geglaubten Crossover der Neunziger auf das nächste Level, ohne auch nur ansatzweise in plakative Nu Metal-Gewalt zuverfallen.
Der Opener "Don't Worry About It" und die Single "She Wants To Move" könnten so auch von Prince stammen. Krachiger Funkrock in Reinkultur. Im kongenialen Zusammenspiel mit Sänger Shay rappt, singt und stöhnt Frontmann Pharell Williams, so von sich selbst und seinem Sexappeal überzeugt, dass auch der Pop-Zwerg mit den "twenty-two positions in a one-night-stand" wie eine langweilige Kalkleiste wirkt.
Wer Funkrock sagt, muss auch Red Hot Chili Peppers sagen. Zwar ohne Bass-Geslappe nervend, erinnern die häufigen Tempi-Wechsel und melancholischen Synthie-Einsätze in "Breakout" an Kiedis und Co. Der überraschende Pogo-Hook lässt gar selige "Higher Ground"-Zeiten aufleben. Überhaupt legen N.E.R.D. mehr Wert auf Live- als auf Club-Tauglichkeit. Das schnelle "Jump" animiert den Hörer mit "Jump Jump"-Chören eben nicht zum Bouncen. Auch das kopfabschraubende "Thrasher", ein Song über den menschlichen Müll, kommt anfangs mit Mitgröhl-Tendenzen.
Im Laufe zeigt "Thrasher" jedoch die andere N.E.R.D.-Seite. Ein Klavier bereitet die Form für zuckersüße Gesangsharmonien, an denen Burt Bacharach seine Freude hätte. Der Pop-Appeal rückt Pharell, Chad und Shay in die Nähe der heutigen RHCP, in die auch "The Way She Dances" gänzlich grooven würde, hätte das unberechenbare Trio nicht am Liedende plötzlich seinen sphärisch-wabbernden Psychadelic-Tick entdeckt.
Grenzen, zumindest im Rock-Genre, kennen N.E.R.D. nicht. Auf "Chariot Of Fire" setzen ihren Trip in die Psychadelic-Breiche fort und fordern: "All the flowers harmonize". Ort der Harmonie ist der "Wonderful Place", wo Morricones Easy Listining-Flöten und Wandergitarren für sommerliche Entspannung sorgen.
Der Titeltrack nimmt sich Evan Dandos Lemonheads zum Vorbild, während im "Drill Sergeant" The Thrills und The Strokes zu Freunden des Queen'schen Bombast-Rocks werden, der nach viereinhalb Minuten den sonnigen Britpop verdrängt. Vom Funkrock eigentlich ein weiter Weg.
Dass die Platte dabei nicht zerfasert wirkt, auch wenn so einige Ohrwurmqualitäten auf der Strecke bleiben, liegt am anfangs erwähnten Drumsound und an Pharells stimmlichen Charisma, das viele Superstars in den Schatten stellt.
3 Kommentare
einfach nur genial
yo...sowas könnten die ma wieder machen..:-)
die zeit des wartens ist ja bald vorbei