Das Kulturministerum in Peking hat einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, der Playback-Auftritte unter Strafe stellt.

Peking (tol) - Kaum zu glauben, trotzdem wahr: China möchte das Playback unter Strafe stellen. Das Pekinger Kulturministerium veröffentlichte am Donnerstag einen Gesetzesentwurf auf seiner Website. Darin ist vorgesehen, professionellen Musikern zu untersagen, auf der Bühne und bei sonstigen Live-Auftritten Bandaufnahmen einzusetzen. Live-Gesang und selbstgespielte Instrumente dürften nicht ersetzt werden, denn: Nach Auffassung des Ministeriums handelt es sich bei Playback-Performances um Betrug an der Öffentlichkeit.

Hintergrund des Anti-Playback-Gesetzes könnte womöglich der Auftritt der siebenjährigen Lin Miaoke bei den Olympischen Spielen 2008 sein. Das Mädchen begeisterte bei der Eröffnungsfeier nur vermeintlich mit ihren Sangeskünsten. Wie sich später jedoch herausstellte, bewegte sie lediglich die Lippen. Grund: Die Original-Interpretin war für zu wenig attraktiv befunden worden. Der jetzige Gesetzesentwurf nennt bislang kein konkretes Strafmaß.

Setzt die Regierung das Gesetz wirklich in die Tat um, muss sich die Musikszene Chinas auf weitreichende Konsequenzen gefasst machen. Jeder Innovation läge ein großer Stein im Weg, schließlich wäre es fortan unmöglich, Popmusik auf Sample-Basis vor einem Publikum zu präsentieren. In Zeiten digitaler Musikverarbeitung wäre dies ein herber Verlust. Darüber hinaus wäre - bliebe das Vorhaben nicht nur auf "professionelle Künstler" beschränkt - die auch in China beliebte Karaoke-Kultur in höchster Gefahr.

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44 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    @Anonymous (« also....Todesstrafe überschwemmt die Welt »):

    Das wollen wir mal nicht hoffen.

    Der künftige US-Präsident hat sich zum Thema Abschaffung der Todesstrafe zwar bereits (abschlägig) geäußert, und in China werden nach wie vor weltweit mit Abstand die meisten Hinrichtungen vollstreckt, aber eine gewisse Tendenz zur Eindämmung ist mit der Einführung der formellen Revisionshoheit des dortigen Obersten Gerichts ab Anfang 2007 in China und einem langsamen Generationswechsel bei den Staatsanwälten und Richtern dennoch verbunden.

    Ich würde gern glauben, dass es auch weltweit einen generationsmäßigen Umschwung im öffentlichen Widerstand gegen die Todesstrafe gibt. Aber die Realität sieht leider anders aus. In Europa wächst seit 2001 angeblich der Anteil der Befürworter einer Wiedereinführung der Todesstrafe. Nicht nur bei LePen- und NPD-Anhängern.

  • Vor 16 Jahren

    @Kukuruz («
    Ich würde gern glauben, dass es auch weltweit einen generationsmäßigen Umschwung im öffentlichen Widerstand gegen die Todesstrafe gibt. Aber die Realität sieht leider anders aus. In Europa wächst seit 2001 angeblich der Anteil der Befürworter einer Wiedereinführung der Todesstrafe. Nicht nur bei LePen- und NPD-Anhängern. »):

    wer interessiert ist:

    es gibt nen eigenen fred dazu

    http://forum.laut.de/viewtopic.php?t=36144

  • Vor 16 Jahren

    @Anonymous («
    Ob Europa als Insel der Halbseligen zu halten sein wird? »):

    Ist sie das?

    Beschränken wir die Frage mal auf Deutschland und auf das Thema des Threads: Eigentlich ist die Forderung nach einem Verbot von Playback zwecks Täuschung des Publikums etwas sehr sehr Deutsches. Zumindest müsste hierzulande Playback mit einem farbigen Sigel gesetzlich gekennzeichnet werden. In Ländern wie China gibt es eine Trennlinie: Diesseits der Linie eine Reihe von Essentials, deren Einhaltung strikt und mit autoritären Mitteln durchgesetzt wird. Jenseits dieser Linie beginnt die Sphäre des neuen entfesselten Kapitalismus, der Willkür von Provinzfürsten, aber auch des uneingeschränkten Konsumismus, der Bereicherungssucht, ihrer sozialen Schattenseiten und in einigen Fällen eben auch der Entfaltung ungeahnter künstlerischer Kreativität - solange man sich an die Essentials hält. Man muss nur einmal die Biographie irgendeines schwarzen Jazz-Musikers gelesen haben, um auf die Parallelität des Lebens in den Metropolen des aufstrebenden Amerikas der zwanziger Jahre und den Metropolen des heutigen Chinas zu stoßen.

    Auch die ökonomischen Analysen des chinesischen Wirtschaftswunders, die ich kenne, kommen zu dem Schluss, dass der Staat die Zone der Produktivität - ganz im Gegenteil - weitgehend von gesetzlicher Gängelei freihält und dafür selbst die Rolle einer autoritär waltenden Sozialinstanz übernimmt. Zusammen mit der traditionellen Großfamilie, die an die Stelle betrieblicher Sozialversicherungen tritt.