Matthias Manthe über das Ende der Postironie im Pop, Eels auf der Terror-Watchlist und Wavves' Nazi-Vorwürfe.

Berlin (mma) - Die Antwoord ist da, aber wie lautet eigentlich die Frage? Vielleicht so: War die postironische Phase im Pop Mitte der Nullerjahre, als sich Künstler aller Gattungen kurzschlossen, um gegen eine aus dem Ruder gelaufene Koalition der Willigen und deren Kriegspolitik zu protestieren, nur eine kurzweilige Laune? Ist jetzt wieder alles Augenzwinkern?

Oder rein musikthematisch gefasst: Sind die Südafrikaner doch die logische Konsequenz aus dem transkontinentalen Crossover der Popkulturen, wie er in den letzten Jahren etwa im Sound of Kuduro einen Höhepunkt fand? Klar ist derzeit nur, dass das Rap-Rave-Trio momentan dabei ist, vom Bloghype zum intellektuellen Hochschuldiskursthema zu avancieren.

Hinter Die Antwoord stehen Rapper Ninja, Sängerin Yo-Landi Vi$$er and DJ Hi-Tek aus Kapstadt. Sie verstehen sich als Mélange aus einer Vielzahl südafrikanischer Kulturfragmente. Ihre Musik beschreiben sie als Zef, ein südafrikanischer Slang-Ausdruck für "Hinterwäldler", der eine Mixtur aus teils modernen, teils ausrangierten Trash-Elementen umschreibt.

Südafrikanische Stereotype

In den viralen YouTube-Videos verkörpern Ninja und Yo-Landi auf Englisch und Afrikaans den goldbehängten, aggressiven Proll bzw. das sexuell aufgeladene White Trash-Flittchen. Darin lesen die einen den gewitzten satirischen bis sozialkritischen Kommentar auf debile Gangsta-Ästhetik im Hip Hop, die anderen ein flaches Nachäffen vermeintlich schwarzer Stereotype aus dem beschränkten Blickwinkel einer weißen Unterschicht.

In jedem Fall ein Thema für Cultural Studies und Popsachkunde gleichermaßen. Für die Meinungsbildung gibt es das Debütalbum "$O$" auf der offiziellen Seite zum Gratis-Download. Am 20.8. sind Die Antwoord dann im Rahmen des Introducing im Berliner Magnet Club zu sehen. Ob es on stage wie im "Zef Side"-Clip ordentlich Dickflinging setzt? So oder so, Fragebogen nicht vergessen!

Al-Quaida-E

Gar nicht ironisch, sondern ziemlich handfest mit dem Zeitgeist konfrontiert sieht sich indessen Mark Oliver Everett. Der Mann, den sie seit 1995 kurz E nennen, lief auf dem Weg zum Interviewtermin mit Drowned In Sound zwei übereifrigen Gesetzeshütern in die Arme. Im Londoner Hyde Park betrachtete Mr. Eels vermutlich einige Sekunden zu lange das Hotel, in dem er regelmäßig residiert, als ihn die Polizisten einer Kontrolle unterzogen. Wie der Interviewer mutmaßt, dürfte Everett mit seinem blickdichten Bart und der umgekrempelten Hose etwas zu gut ins Attentäterprofil gepasst haben.

Nach einer nicht überlieferten Diskussion ließen die Polizisten ihn dann schließlich gehen. E hinterher dazu: "Jetzt stehe ich sicher auf irgendeiner Terror-Watchlist. Man sagte mir, dass das eine ziemlich snobby Gegend sei. Offensichtlich gehört es sich hier nicht, so wie ich auszusehen. I feel weird about it."

"Walt Disney war ein Nazi"

Glücklichere Hand mit dem Gesetz scheinen Wavves zu haben. Die LoFi-Surfpunks um Nathan Williams verbreiteten in der vergangenen Woche via Twitter das Gerücht, der Disney-Konzern stoße sich an einem Titel ihres aktuellen Albums - Wavves stünde folglich eine Klage ins Haus: 'Wer hätte gedacht, dass ich für einen Song namens "Mickey Mouse" verklagt werde?' Auf zukünftigen Pressungen würde das Stück deshalb einen anderen Namen tragen.

Bei einem Auftritt in New York schob Williams gleich noch einige Nazi-Beschimpfungen in Richtung Disney hinterher. Die Entwarnung folgte kurz darauf über die Plattenfirma Fatt Possum, die das Klageszenario als Witz entlarvte. Hätte man natürlich schon ahnen können, als Wavves der eigenen Twitter-Meldung noch ein "You'll want this first press of this record" hinterherschoben.

Berlin-Korrespondent Matthias Manthe berichtet in seiner wöchentlichen Kolumne über Themen, die wir gegen seinen ausdrücklichen Wunsch "indie" nennen. Feedback und Anregungen gerne direkt an matthias@laut.de.

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