Hexenkessel, Bierdusche, Rausch, Schweiß und Ekstase im E-Werk: Alles an dem Sänger und Rapper schreit "Wien".

Freiburg (jah) - Alles an ihm schreit "Wien", aber natürlich performt der Sänger und Rapper nicht nur in seiner Heimatstadt. Im November erschien das aktuelle Album, nun ist Bibiza für die 'Bis einer weint'-Tour in Deutschland unterwegs. In Freiburg erlebten die Fans gestern einen Abend voller Rausch, Schweiß und Ekstase.

Bereits vor dem Eingang des E-Werks tummelt sich eine 20 Meter lange Schlange, die vor der Garderobe im Gebäude erstreckt sich gar über mehrere Stockwerke: Dass sich Bibiza in den vergangenen Jahren eine ordentliche Fanbase aufgebaut hat, ist schnell ersichtlich. Voract AARØN hat diesen Schritt erst noch vor sich, findet sich gefühlt selbst aber ein bisschen zu toll und heizt dem Publikum nicht so recht ein.

Vollgas im rot glänzenden Lederhemd

Die Vorfreude schmälert das keineswegs, nach einer kleinen Pause ist es um kurz nach neun soweit: Der Vorhang fällt, und Franz Bibiza steht im rot glänzenden Lederhemd neben seinen Hawaras Enzo Gaier (Gitarre), Moritz Meixner (Drums), Xaver Nahler (Keys/Synths) und Markus Windisch (Bass) bereit, um das E-Werk so richtig zum Kochen zu bringen. Zum Start gibts "Bis Einer Weint" und in der folgenden herzlichen Begrüßung stellt der Hauptprotagonist gleich mal klar: "Wir werden heute in jeglicher Hinsicht Vollgas geben." Wie lange? Auf jeden Fall nicht bis einer weint, denn Bibiza ist sehr darauf bedacht, dass "wir alle lieb zueinander sind".

Bierdusche im Hexenkessel

Die Crowd stimmt überwiegend zu, von ein paar rücksichtslosen 'Tänzern' mal abgesehen. Aber die Mutter der Deppen ist eben immer schwanger. Dafür kann Bibiza natürlich nichts, und ein bisschen Feeling hat die erste Bierdusche nach nicht einmal zwei Minuten ja schließlich auch.

Auf der Bühne rocken Bibiza und Band derweil große Hits wie "Eine Ode An Wien", "Tanzen" oder "Akademie Der Bildenden Künste". Danach leitet Bibiza in herrlichem Wiener Akzent die nächste Phase des Gigs ein: "Genug Moralapostel, der nächste Song handelt von Reptilien." Allerspätestens nach "Salamander & Chamäleons" gleicht das E-Werk einem Hexenkessel.

"In Freiburg ist die Disco!"

Geschickt führt Bibiza, der Storyteller, durch den Abend, nach "Aufnimmawiedaschaun" erzählt er eine kurze Anekdote aus seinem Kolumbien-Urlaub und legt folgerichtig seinen "Discoschnupfen" nach. Die Luft brennt, Eskalation pur, ganz ohne Filter, wie bei der unschicksten Schickeria. Bibiza gefällt das: "In Freiburg ist die Disco!"

Wer sein Album "Bis Einer Weint" kennt, der weiß, dass der Österreicher mehr kann, als nur mit Heimatliebe, Genuss und Drogenklischees zu spielen. Es folgt der etwas ernstere und trotzdem nicht weniger ausgelassene Teil des Abends. In "Luxusparese" lässt Bibiza seine Message in Sachen Europa los und nimmt dann an der Bar Platz, die Teil des Bühnenbilds ist, um durch eine Zeitung zu blättern: "In der Zeitung steht, dass viel zu viele Arschlöcher Rechtsextreme wählen", brüllt er und spielt passend "Nicht Schon Wieder!" Das eingestreute "Fick die AfD!" kommt beim Freiburger Publikum natürlich besonders gut an.

Bitte nicht zu viel Politik

Zu viel Politik und Gesellschaftskritik soll es aber nicht sein, schließlich steht vor allem eines im Mittelpunkt des Abends: eine wilde Sause. Bibiza haut sich eine Sektflaschen-Attrappe über den Kopf und performt das rockige "Alkoholiker". Es folgen Electro-Vibes mit "Blau" und "KiK". "KiK"? Doofe Frage, natürlich ist 'Kokain im Klub' gemeint. Die Crowd geht ab, und die Temperatur im E-Werk bewegt sich in Richtung Dachgeschosswohnung-im-Hochsommer-Level.

Wichtig und richtig ist dementsprechend die kurze Trinkpause mit "Die Donauwalze" im Hintergrund. Nach "Donau" gibts einen kurzen Location-Wechsel: Bibiza nimmt erst auf dem Dach seiner Bühnen-Bar Platz, zu "Angefahrn" wandert der 26-Jährige dann einmal quer durchs Publikum. Danach ertönt das Intro von "Pump It" (Black Eyed Peas) und mündet direkt in "Die Rechnung Kommt". Den Abschluss des Sets bildet eine Nummer, die wohl auf den geringsten Teil des Publikums zutrifft: "Schick Mit Scheck".

Zum Glück ist der Abriss damit noch nicht vorbei: Bibiza und Band haben die Bühne noch nicht einmal verlassen, da wird schon lautstark die Zugabe gefordert. Die verwehrt der Wiener den Freiburgern nicht, vielmehr holt er noch einmal alles aus sich heraus: "Wenn der Beat droppt, gehen wir alle komplett bescheuert, okay? Gesagt, getan bei "Femme Fatale".

99 Prozent Exzess

Bibiza gibt nicht das klassische Konzert mit schnelleren und langsameren Songs. Stattdessen hat er sich offenbar Barney Stinsons Prinzip zu eigen gemacht, dass ein guter 'Get Psyched'-Mix nicht Höhen und Tiefen enthalten muss, sondern ausschließlich Höhen. Der Abend ist zu 99 Prozent purer Exzess, geprägt von Rausch, Schweiß und top gelaunten Freiburgern.

Erst ganz zum Schluss bekommt auch die Melancholie noch ihren Platz: Wie es sich gehört, wird zu "Gute Nacht" mitgeschunkelt und sich in den Armen gelegen. Positive Randbemerkung: Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal bei einem Konzert tatsächlich mehr brennende Feuerzeuge als leuchtende Handylampen gesehen habe.

So endet ein Konzertabend, der alles aufgefahren hat: von einem schicken Bühnenbild, einer geilen Band und dem charmantesten Frontmann ever über rockige Hits, treibende Beats und starke Lyrics im Popgewand bis hin zu Gehüpfe, Getanze und Körperausdünstungen jeglicher Art. Nach über 90 Minuten Ekstase bleibt nur eines zu konstatieren: Danke, Bibiza!

Text: Jakob Hertl.

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