Vega starb am Wochenende in New York. Henry Rollins und Peaches würdigen den Musiker.
New York (ton) - Alan Vega, einer der wichtigsten Post-Punk- und New Wave-Vordenker ist tot: Er schlief am vergangenen Samstag friedlich in seiner Wohnung in New York ein. Vega wurde 78 Jahre alt.
Seine radikalen Verdienste waren gleichwohl nur wenigen bekannt. Mit Suicide riss er die Grenzen konventioneller Popmusik ein. Die Liveshows der Combo waren legendär und endeten nicht selten in wüsten Schlägereien.
Props von Henry Rollins und Peaches
Das selbstbetitelte Debütalbum "Suicide" erschien 1977 und war mit einer Melange aus der rohen Energie des Punks und stoisch elektronischem Minimalismus seiner Zeit voraus. Ein Grenzen sprengendes Album, das für Post-Punk und New Wave sowie die New Yorker No-Wave-Szene genauso wichtig war, wie es verschiedenste Musiker prägte, darunter Radiohead, U2, Depeche Mode und Bruce Springsteen. Mit albtraumhaften und surrealistischen Strukturen, den poetisch-schockierenden Texten und den simplen, an den Rock 'n Roll der 50er angelehnten Melodien gab die Platte auch die Marschroute für Vegas weitere Karriere vor.
Henry Rollins, der als einer der ersten Musiker auf seiner Website Vegas Tod verkündete, ließ in einem Statement verlauten, das erste Suicide-Album sei eine "bemerkenswerte Leistung in der amerikanischen Musik." Die kanadische Musikerin Peaches bezeichnete die Band "als wichtigen Einfluss für mich und meine Idee von Synth-Punk".
Musik an der Schmerzgrenze
Boruch Alan Bermowitz, so Vegas bürgerlicher Name, wurde am 23. Juni 1938 als Sohn einer jüdischen Familie geboren und verbrachte seine Kindheit im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Er schloss sich nach dem Studium dem linken Künstlerkollektiv Art Workers' Coalition an und traf auf den Jazzmusiker Martin Reverby aka Martin Rev. 1970 gründeten beide Suicide, den Namen entlieh man einem Comicheft. Rev brachte Synthesizer und Drumcomputer mit, was Anfang der 70er noch ein absolutes Novum war.
Im New Yorker CBGB's, der Geburtsstätte des Punk, kam der finale Startschuss für die beiden Querköpfe. Ihre Liveshows bestanden aus brutalen Noiseorgien und freien Improvisationen und krempelten die Hörgewohnheiten gewaltig um. Ihre exzessiven Performances erlebten oft ein blutiges Ende.
Freigeist mit Pop-Appeal
Mit "The Second Album" (1980) knüpften Suicide an die minimalistischen Strukturen des Vorgängers an. Der Pop-Appeal der Band trat aber auf den späteren Platten wie "A Way Of Life" (1988) vermehrt in den Vordergrund. Die lange Karriere wurde durch häufige Splits und Wiedervereinigungen unterbrochen. Für ein neues Lebenszeichen brauchten sie schon mal gut zehn Jahre.
Alan Vega war in den folgenden Jahrzehnten als Solokünstler aktiv und veröffentlichte in regelmäßigen Abständen Musik an der Schnittstelle von Pop und Avantgarde. Auf seinem selbstbetitelten Solodebüt "Alan Vega" (1981) trat seine Vorliebe für eher simple amerikanische Rootsmusik hervor. Ab den 90ern gab es andererseits auch wüste Noiseexperimente mit den Finnen Pan Sonic. Vega schwor den radikalen Ansätzen auch in späteren Jahren nicht ab.
2012 erlitt er einen Herzinfarkt und widmete sich in der Folge verstärkt seiner zweiten Leidenschaft, der Malerei. Alan Vega blieb aber bis zum Schluss ein umtriebiger Freigeist in der New Yorker Undergroundszene.
2 Kommentare mit 2 Antworten
Schade um den Mann. "Suicide" (77) war ein wegweisendes Werk für die elektronische Musik.
Warum hat das Album immer noch keinen Meilenstein auf Laut.de?
Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.
RIP Alan Vega...und ich leg gleich mal wieder "Juke box babe" ein...eine der coolsten "Ein Akkord" Rockabilly Nummern...
Auch wenn ich mit der Meinung vielleicht etwas alleine bin, steht die erste Soloscheibe von Vega mit ebendiesen Song darauf der ersten Suicide in gar nichts nach.