laut.de-Kritik

Etwas mehr Bühnen-Power könnte man nach all den Jahren schon erwarten.

Review von

Wenn man seit 15 Jahren Musik veröffentlicht, ist es wirklich so langsam an der Zeit, auch mal eine Live-DVD rauszubringen. Vor allem, wenn man als Liveband meist ein restlos begeistertes Publikum zurücklässt und eine Setlist hat, die quasi ausschließlich aus Hits besteht. All das trifft zweifelsohne auf Oomph! zu, und so legen die Wolfsburger diese Tage mit "Rohkost" ... äh, sorry ... "Rohstoff" ihre erste DVD vor.

Zuallererst muss jedoch die Frage gestattet sein, warum man in der heutigen Zeit und mit dem heutigen Equipment darauf verzichtet, den Auftritt in der Berliner Columbiahalle in Dolby Digital 5.1-Sound abzumischen, sondern lediglich in Stereo? Ok, der Sound drückt auch so ordentlich, aber das dürfte zu einem nicht unerheblichen Teil an der entsprechenden Nachbearbeitung im Studio liegen. Vor allem bei Deros Gesang darf man das eine oder andere Mal so seine Zweifel haben, dass das alles live ist. Da hat man anscheinend stellenweise schon einiges nachgebessert.

Der Gig selbst zeigt, dass Dero nach wie vor kein Mann der großen Worte ist. Die Kommunikation zwischen ihm und dem Publikum beschränkt sich meist auf den Ausruf 'Berlin!', um dann das Mikro ins Publikum zu halten. Ein wenig mehr Routine als Entertainer könnte man nach all den Jahren schon erwarten. Die Psycho-Fratze ist auf Dauer auch nicht wirklich abendfüllend.

Optisch ist Dero als einziger in weiß in eine obligatorische Zwangsjacke gepackt, während die Gitarrenfraktion im schwarzen Priestergewand auf der Bühne steht. Auch werden sich weder Flux noch Crap je zu virtuosen Sologitarristen entwickeln, was den Unterhaltungswert des Konzertes auch ein wenig schmälert.

Doch genug genörgelt, immerhin ist der Livegig auf "Rohstoff" sonst eine rundum gelungene Sache. Mein persönlicher Dank geht an die Kameramänner, die zwar nicht immer 100% scharfe Bilder liefern, dafür aber auf Bildschnitte in Lichtgeschwindigkeit verzichten und statt dessen auch mal längere Kamerafahrten wagen. Vor allem bei der stellenweise recht spärlichen Beleuchtung machen die Jungs hinter der Linse einen ausgesprochen guten Job.

Mit Hagen und Leo sind einmal mehr nur Livemusiker an Bass und Drums dabei, die aber, nicht ganz alltäglich, rechts und links auf kleinen Podesten mit ausführlicher Beleuchtung geparkt sind. Auch Flux und Crap bekommen zwar sicher kein zusätzliches Kilometergeld, aber das macht wohl gerade einen Teil der Show aus.

Im Hintergrund der Bühne laufen über eine Videoleinwand ständig Einblendungen, die auf die Songs abgestimmt sind. Da bleibt natürlich "Sex Hat Keine Macht" in Erinnerung bei dem eine Braut über den Bildschirm flimmert, die einen mit ihren Hupen erschlagen könnte und diese stilecht in die Kamera hält.

Ein bisschen muss man schon grinsen, wenn man (bzw. der Kameramann) einen Blick in die erste Reihe wirft. Da stehen beinahe ausschließlich kleine Mädels, und man könnte fast auf die Idee kommen, man wäre auf einem Tokio Hotel-Konzert. Mit 23 Songs (inkl. vier Zugaben) kann man sich aber über eine zu kurze Spielzeit mit Sicherheit nicht beschweren.

In ihren neueren Videos setzen Oomph! offensichtlich verstärkt auf nackte Haut und einige nette Schnitten. Und damit ist nicht nur Marta Jandová von Die Happy gemeint, sondern auch die Mädels aus "Gekreuzigt 2006" oder "Sex Hat Keine Macht". Wundert man sich noch im Videoclip über die verpixelten Hupen (immerhin hat "Rohstoff" eine FSK-Freigabe ab 16 Jahren), gibt es diese im "Making Of" auf einmal bestens ins Bild gesetzt zu sehen.

Die 15 vertretenen Videoclips sind allesamt sehenswert, zum Teil auch nicht mal großartig bekannt, aber vielleicht hätte die eine oder andere Liveaufnahme aus den alten Tagen mehr Sinn gehabt. Zumal sich der Spannungs- und Unterhaltungsgrad im Kaptitel "Making Of ..." doch erwartungsgemäß sehr in Grenzen hält. Als positive Überraschung offenbart sich dabei aber Fleischmütze Flux, der mit seinem sehr leisen, aber trockenen Humor noch der witzigste ist und eigentlich bei jedem Clip den einen oder anderen lockeren Spruch drauf hat.

Abschließend sitzen die drei immer wieder abwechselnd im Aufnahmestudio und erzählen über die Geschichte der Band und diverse Ansichten zum aktuellen Musikbusiness. Das ist ok, nur bedingt erleuchtend, macht "Rohstoff" aber zu einer angenehmen Abendunterhaltung.

Trackliste

Live Concert

  1. 1. Fragment
  2. 2. Träumst Du
  3. 3. Unsere Rettung
  4. 4. Keine Lust Mehr
  5. 5. Du Willst Es Doch Auch
  6. 6. Fieber
  7. 7. Wenn Du Weinst
  8. 8. Die Schlinge
  9. 9. Supernova
  10. 10. Sex Hat Keine Macht
  11. 11. Mitten Ins Herz
  12. 12. Das Letzte Streichholz
  13. 13. Dein Feuer
  14. 14. Das Weisse Licht
  15. 15. Mein Schatz
  16. 16. Dein Weg
  17. 17. Gekreuzigt
  18. 18. Niemand
  19. 19. Augen Auf!
  20. 20. Brennende Liebe
  21. 21. Gott Ist Ein Popstar
  22. 22. Menschsein
  23. 23. Burn Your Eyes

Video Clips

  1. 24. Träumst Du – feat Marta Jandová
  2. 25. The Power Of Love
  3. 26. Gekreuzigt 2006
  4. 27. Die Schlinge – feat. Apocalyptica
  5. 28. Das Letzte Streichholz
  6. 29. Gott Ist Ein Popstar
  7. 30. God Is A Popstar
  8. 31. Sex Hat Keine Macht
  9. 32. Brennende Liebe – feat. L'Âme Immortelle
  10. 33. Augen Auf!
  11. 34. Niemand
  12. 35. Supernova
  13. 36. Fieber – feat. Nina Hagen
  14. 37. Das Weisse Licht
  15. 38. Gekreuzigt

Making Of ...

  1. 39. Träumst Du
  2. 40. Gekreuzigt 2006
  3. 41. Die Schlinge
  4. 42. Das Letzte Streichholz
  5. 43. Gott Ist Ein Popstar
  6. 44. Sex Hat Keine Macht
  7. 45. Brennende Liebe
  8. 46. Augen Auf!
  9. 47. Supernova

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