laut.de-Kritik

Der Abschied der tollen Britin fällt überhaupt nicht leise aus!

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Die Bühne ist bei den ersten Klängen noch dunkel. Nur ein paar Schatten bewegen sich, bevor die Perspektive wechselt. Aus der Froschperspektive schauen wir PJ Harvey hinterher, wie sie die Bühne betritt, dabei passen anfangs nur ihre Schuhe ins Bild, riesig und rot. Dann irgendwann sieht man die Sängerin erstmals aus der Zuschauerperspektive auf der Bühne, da hat der Opener "Meet Ze Monsta" hat schon gut Fahrt aufgenommen.

Kleid und Schuhe sind plötzlich blau, aber zu diesem Zeitpunkt schreibt man das noch der raffinierten Beleuchtung zu und denkt sich weiter nichts Böses. Vielmehr möchte man sich zurücklehnen und die Illusion des Konzertes einer Künstlerin genießen, die bislang schon viel zu selten und künftig angeblich überhaupt nicht mehr auf Tour geht.

Doch schon beim zweiten Livetrack hüpft die Katze aus dem Sack - mitten ins Gesicht. Unruhig wie ein Mäuslein auf der Flucht springt die Kameraperspektive nun hin und her, und siehe da: bei jedem Wechsel, also alle paar Sekunden, trägt PJ Harvey ein komplett neues Outfit.

Innerhalb der wenigen Minuten von "Dress" zeigt sie sich mal recht freizügig und knapp gekleidet, mal in Stiefeln und Mantel. Und nicht nur der 'Dress', auch Publikum und Location wechseln praktisch mit jedem Takt. Da verreckt jede Illusion einer Einheit von Zeit und Ort und einer tatsächlichen Teilnahme des frisch gebackenen DVD-Besitzers am Geschehen natürlich auf der Stelle.

Angeblich sollen die Aufnahmen von der "Uh Huh Her"-Tour von 2004 chronologisch geordnet sein. Das mag bei der Tonspur hinkommen, die Kamera jedoch führt einen jedoch in kürzesten Abständen an die verschiedensten Orte, die einem erst nach und nach etwas vertrauter vorkommen.

Die Locations, an denen Miss Harvey sich die Ehre gab, könnten unterschiedlicher nicht sein, und während Stadion-Atmosphäre und -Größe auch mal eine Kamerafahrt zulassen, sind die im verrauchten Club aus dem Publikum gedrehten Bilder verwackelt und unscharf. Bei genauerem Hinsehen offenbaren sich denn auch gewisse Asynchronitäten zwischen Ton und Bild, die für jede andere DVD das Todesurteil bedeuten würde, hier aber einfach dazugehört.

Denn für den Verlust des Gefühls, man sei live dabei, wird der DVD-Käufer reichlich entschädigt: selten hat man derart bildgewaltige Aufnahmen von Bühne und Künstlern gesehen, selten wurden die Möglichkeiten von Perspektive und Schnitt derart raffiniert genutzt. So ergibt sich ein wunderbares Gleichgewicht, denn weniger mutige Bilder könnten die kompromisslose Hingabe an die Musik, die PJ Harvey und ihre Mitstreiter auf der Bühne ausstrahlen, vielleicht gar nicht einfangen.

Optisch gliedert sich auch das Behind The Scenes-Material gut ein. Überaus schade ist allerdings, dass der Konsument die Backstage Sections und Kommentare nicht ausblenden kann. Entweder steuert man jeden Live-Track einzeln an, oder man spielt den Film ab und erträgt neben dem akustischen Break auch die launischen Kommentare der Diva.

Da erzählt Polly Jean unter anderem, warum sie diese DVD nie machen wollte und sonst lauter Zeug, das man noch nie wissen wollte. Fans wie ich sollten wohl nicht vor der Glotze hocken, sondern auf echte Konzerte gehen. Sängerinnen sollten singen!

Trackliste

  1. 1. Meet Ze Monsta
  2. 2. Backstage Section One
  3. 3. Dress
  4. 4. Backstage Section Two
  5. 5. Uh Huh Her
  6. 6. Backstage Section Three
  7. 7. Taut
  8. 8. Down By The Water
  9. 9. Backstage Section Four
  10. 10. It's You
  11. 11. Big Exit
  12. 12. Backstage Section Five
  13. 13. Harder
  14. 14. Backstage Section Six
  15. 15. The Darker Days Of Me & Him
  16. 16. Backstage Section Seven
  17. 17. A Perfect Day Elise
  18. 18. Victory
  19. 19. Backstage Section Eight
  20. 20. Catherine
  21. 21. Who The Fuck?
  22. 22. Backstage Section Nine
  23. 23. Evol
  24. 24. My Beautiful Leah
  25. 25. Backstage Section Ten
  26. 26. The Letter
  27. 27. Credits
  28. 28. Interview

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