laut.de-Kritik

Ein guter Gerätepark allein macht noch keine gute Platte.

Review von

Älteren Club-Semestern ist Paul Brtschitsch mit Sicherheit ein Begriff. Ende der 90er Jahre war der Produzent aus Frankfurt mit seinen Releases auf Frisbee Tracks fester Bestandteil der deutschen Technoszene. 2004 gönnte er sich dann erst mal eine kurze Auszeit im Studio und siedelte wenig später nach Berlin um.

Von dort machte er mit Veröffentlichungen auf dem Berghain-Label Ostgut Ton sowie dem belgischen Traditionslabel Music Man Records erneut von sich reden. Jetzt veröffentlicht Paul mit "Me, Myself And Live" sein fünftes Studioalbum. Als Outlet dient ihm das eigene Rootknow Label.

Dort sind seit der Gründung im Jahr 2007 ausschließlich einzelne Trackfiles veröffentlicht worden. Insofern markiert "Me, Myself And Live" einen doppelten Einschnitt. Das Album erscheint nicht nur in digitaler Form, sondern auch in den beiden klassischen Formaten Vinyl und CD.

Neugierig auf den Longplayer machen neben den jüngsten Releases von Brtschitsch auf Broque und Resopal Schallware auch seine sonstigen Studioaktivitäten. Im vergangenen Jahr coproduzierte er beispielsweise "Beyond The Valley", das Debüt der Berliner Technodame Anja Schneider.

Wer hier jedoch ähnlich minimale Klänge zu hören hofft, der sieht sich getäuscht. Vielmehr knüpft Brtschitsch nahtlos an seine früheren Releases an. Dazu trägt mit Sicherheit auch dessen Klangcharakter bei: Der ist geprägt vom analogen Gerätepark, auf den der Wahlberliner bei seinen Produktionen ausschließlich vertraut. In der Zeit der Laptop-Produzenten ist ein solcher Traditionalismus vielfach schon ein Alleinstellungsmerkmal.

Doch nicht nur die Klänge erinnern ein ums andere Mal an die großen Ravezeiten der 90er. Auch bei Aufbau und Arrangement setzt Brtschitsch auf Bewährtes. Die ersten Tracks des Albums, "Three Weeks", "Adiamo" und "The Dentex", geben die Richtung vor: Ein dezenter Trance-Einschlag trifft auf ein fülliges Bassfundament. Typischer Brtschitsch-Sound eben, der wenig Überraschendes bereit hält. Der Eindruck verstärkt sich noch durch die Verwendung von Loops als vorrangigem Kompositionsprinzip.

Alles zusammen genommen hinterlässt "Me, Myself And Live" einen konservativen Eindruck. Wer Brtschitsch' Produktionen bislang schätzte, macht nichts falsch. Wer jedoch hoffte, dass es zu einer Neuausrichtung im Soundkosmos des Ex-Frankfurters kommt, der wird enttäuscht.

Trackliste

  1. 1. Three Weeks
  2. 2. Adiamo
  3. 3. The Dentex
  4. 4. Diamant Flute
  5. 5. One Morning
  6. 6. Rude Knox
  7. 7. Rabbits
  8. 8. Morane
  9. 9. Doriana
  10. 10. Sugar
  11. 11. Extend

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2 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Ich bin vom neuen Brtschitsch Album mehr als begeistert. Das ist endlich mal wieder Musik zwischen dem minimalen Geklacker, welches nur noch aus der Konserve (Computer) kommt. Einfach geil! Weiter so Paul, ich freu mich schon auf die 2. Vinyl mit dem Anja Schneider Rmx.

  • Vor 15 Jahren

    Er legte letztes Wochenende hier in Zürich auf,habe das Album nie gehört, fand den Sound ganz okay, jedoch wie hier geschrieben ein bisschen gar konservativ für meinen Geschmack, wahrscheinlich für den Geschmack der meisten Zürcher, sonst wäre das Rohstofflager kaum so leer geblieben.