laut.de-Kritik
Wuchtige Riot-Girl-Songs und schlüpfrige Electro-Nummern.
Review von Daniel StraubNach ihrem fulminanten Debütalbum "The Teaches Of Peaches", das zu dem gefeierten Underground-Longplayer des Jahres 2000 wurde, zeigt Peaches mit dem Nachfolger "Fatherfucker", dass sie der Erfolg und das ganze Gerede um ihre Person alles andere als angepasst und leichtverdaulich haben werden lassen. Wuchtige Riot-Girl-Songs und schlüpfrige Electro-Nummern bilden den Spielplatz, auf dem Peaches ihre derb-ironische Sexualdichtkunst ungezwungen ausleben kann.
Damit sich niemand auch nur eine Sekunde länger als notwendig der Illusion hingibt, Peaches habe sich seit "The Teaches Of Peaches" von der skandalumwehten Performerin in das nette Nachbarsmädel verwandelt, brüllt einem der Opener sogleich unmissverständlich ins Ohr: "I Don't Give A Damm About Reputation". Derart von allen Zwängen befreit, nimmt Peaches mit den folgenden elf Songs kein Blatt vor den Mund.
Aggressiv und bissig rappt sich die Wahl-Berlinerin durch weite Teile des Albums, fordert Alt-Punker Iggy Pop mit "Kick It" gar zum Battle, bei dem mit Diss-Salven aus vollen Rohren gefeuert wird. Ironisch nehmen sich die beiden Musiker gegenseitig aufs Korn, spielen mit ihrem Image und zeigen, dass eine gute Portion Unverfrorenheit als generationenverbindendes Element bestens funktioniert. In solchen Momenten zeigt sich die Größe von "Fatherfucker".
Es ist der ironische Unterbau der Songs, das Spiel mit unterschiedlichen Bezugsebenen, was "Fatherfucker" zum erfrischenden Hörerlebnis werden lässt. Leider kann die musikalische Umsetzung nicht mit der Qualität der Lyrics mithalten. Hier präsentiert sich Merrill Nisker einfach zu einfältig. Rockknüppel wie "Rock'n'Roll" mögen live super funktionieren, auf Platte wirkt der hundertste Riot-Girl-Aufguss aber schlicht zu abgegriffen, um zu gefallen.
Unterm Strich profiliert sich Peaches auf "Fatherfucker" in der Rolle einer erstklassigen Texterin, die frei nach dem Motto "Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert" überkommene Rollenmuster radikal in Frage stellt, ohne dabei den nötigen Humor vermissen zu lassen. Schade, dass die Musik dieses anarchistische Moment nur selten widerspiegelt.
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