laut.de-Kritik
Der fünfte Beatle erzählt seine Geschichte.
Review von Giuliano BenassiWas ist wohl das Schlimmste, was einem ehrgeizigen Musiker passieren kann? Er fliegt aus seiner Band, kurz bevor sie vor dem Durchbruch steht. Ein Schicksal, das Dave Mustaine (Metallica) nie wirklich verkraftet hat, und mit dem auch Pete Best lange haderte.
1960 stieg er in Liverpool in eine Band ein, die im Lokal seiner Mutter, dem Casbah, regelmäßig auftrat. Seine Trümpfe: Er sah gut aus und besaß ein Drumkit. Mit John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Stu Sutcliffe zog er anschließend für einige Monate nach Hamburg und spielte in verschiedenen Kaschemmen auf der Reeperbahn.
Die zweistündige Dokumentation befasst sich vor allem mit dieser Zeit: Wie aus vier Greenhorns aus England im rauen Deutschland ebenso raue Rock'n'Roll-Stars mit verwegenen Blicken, rüden Umgangsformen und ranzigen Lederklamotten wurden. Neue Erkenntnisse für den Fan gibt es keine, doch die Originalbilder, der Besuch der heutigen Reeperbahn und die vielen Interviews fallen interessant aus.
Zu Wort kommen unter anderen Lennons erste Frau Cynthia, seine Schwester Julia und die Hamburger Clique der Band, unter ihnen der Künstler Klaus Voorman und die Fotografin Astrid Kirchherr. Sie erzählen von der Unbefangenheit aller Beteiligten aus jener Zeit, ihren Abenteuern und der Energie der Beatles in ihren ersten Jahren.
Der Wandel kam nach der Rückkehr vom zweiten Hamburg-Aufenthalt. Sutcliffe war in der Hansestadt geblieben, um wenige Monate später dort zu sterben, McCartney hatte den Bass übernommen und den Beatles ein neues Soundkostüm verpasst, Manager Brian Epstein hatte sie in Anzüge gesteckt und ihnen die schlechten Manieren ausgetrieben. So nahm das Drama seinen Lauf. Als das Quartett im September 1962 mit den Aufnahmen zu seinem ersten Album begann, lautete die vernichtende Anordnung des Labelchefs: Wechselt euren Drummer. Gesagt, getan: Epstein lud Best in sein Büro und teilte ihm unverblümt mit, dass ihn die Band nicht mehr bei sich haben wolle. Seine Karriere bei den Beatles endete auf einen Schlag.
Bitter war die Kündigung nicht nur wegen des bevorstehenden Erfolgs – die Single "Please Please Me" und das gleichnamige Album schlugen ein wie eine Bombe – sondern auch wegen der Art. Keines der anderen Mitglieder habe sich jemals danach bei ihm gemeldet, erklärt Best, eine Taktlosigkeit, die Harrison in der autobiographischen "Beatles Anthology" indirekt bestätigt: "Obwohl Pete nicht lange bei uns war - zwei Jahre sind wenig, wenn man die Länge eines Lebens betrachtet - ist es nicht schön, aus einer Band geworfen zu werden. Brian Epstein war der Manager, und so war es sein Job".
Für den 1941 im indischen Madras, dem heutigen Chennai, geborenen Best brach die Welt zusammen. Als "fünfter Beatle" gelang ihm noch eine zweite Karriere – bezeichnend in dieser Hinsicht ein Fernsehauftritt in den USA 1963, der die Dokumentation eröffnet, - 1967 hängte er die Drumsticks jedoch an den Nagel und arbeitet 20 Jahre lang als Beamter. Anschließend gründete er die Pete Best Band neu und ist seitdem auf Tour.
In zwei Stunden kommen viele Bilder und Worte vor. Doch die interessante Frage, aus welchem Grund Best unehrenhaft aus den Beatles flog, bleibt unbeantwortet. Kann es wirklich sein, dass die Aussage eines Plattenchefs reicht, um eine zusammen geschweißte Truppe zu trennen? Oder hatte es davor schon heftig gekracht? Warum herrschte danach auf beiden Seiten Funkstille? Darauf geht Best leider nicht ein.
So bleibt "The Pete Best Story" nur eine Anreihung von Anekdoten, die eine bekannte Geschichte wieder kauen. Ganz nett zwar, aber nicht unentbehrlich.
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