laut.de-Kritik
Zwischen Mainstreamrock und progressivem Pop.
Review von Manuel BergerPlanting Robots sind Profis. Das merkt man der makellosen Produktion ihres Debütalbums "Roots" an. Das merkt man an der Präzision, mit der sie ihre Instrumente einsetzen und die Songs arrangieren. Das merkt man an den vielen verschiedenen Richtungen, in die sie ihre Fühler ausstrecken. Und das merkt man teilweise auch daran, dass Dirk Hoppe, Ingo Hassenstein und Stephan Emig fast zu genau wissen, wie der Pophase läuft.
Der musikalische Pool, aus dem sich die Hamburger bedienen, ist beachtlich. Man hört orientalisch angehauchte Melodien ("All The Way"), breitbeinigen Alternativerock ("Yearning"), Indie-/Synthiepop-Balladen ("Why Would I Leave") und BossHoss-Vibe ("Time's Up"). "Wasted" erinnert einerseits an Sasha, weist andererseits aber Parallelen zu Friendly-Prog der Marke The Dear Hunter auf. Während Sänger Dirk seine Hooks raushaut, gibt sich die Instrumentalfraktion selten mit bloß unterstützenden Patterns zufrieden.
Deren Spuren müssen auch für sich gesehen interessant klingen, das scheint die Devise Planting Robots' zu sein und deren Umsetzung gelingt häufig. So passiert es dann, dass die auf den ersten Blick sehr gefällige Popnudel "Why Would I Leave" ungerade Rhythmen birgt und nach hinten musicalmäßig ausfranst.
"Yearning" bemüht nach akurat krachendem Beginn zwischenzeitlich mit Hall und Delay die Psychedelik-Schiene, bevor prominente Synthiesounds und verspielte Palm-Mute-Schrammelgitarre in eine seltsame Grauzone zwischen Garage und Stadion manövrieren. "Afterglow" klingt stellenweise nach "Once"-Soundtrack im Peter Maffay-meets-amerikanischen-Schmusepop-goes-Arena-Hymne. Erscheint vielleicht seltsam, steckt aber alles tatsächlich drin und verschmilzt zu einer Einheit.
Der Mix unterschiedlicher Einflüsse ist gleichzeitig Planting Robots größte Stärke wie Schwäche. Einerseits ist es faszinierend, wie etwa "All That Was" in einem Teil Electronic-Beats auffährt, im nächsten breite Keyboardflächen mit ebenso breiten Vocal-Bögen, zwischendurch Percussion-Elemente einwirft und sowohl klassischen Alternativerock zelebriert als auch oben genannte Orient-Spielereien zur Geltung kommen lässt. Hörte man nur ein zehnsekündiges Snippet des Songs, käme man nicht auf die Idee, er würde auch über die anderen Parts verfügen. Dabei kommen die Übergänge so flüssig, dass man es schon wieder verpasst hat, wie genau Planting Robots jetzt eigentlich von einem zum nächsten Teil gesprungen sind.
Andererseits bleibt dies auch das Manko: Planting Robots' Sound ist längst nicht so einzigartig, wie es das eben Beschriebene vermuten lässt: Es kann noch so viel passieren, am Ende ordnet sich alles der glatt polierten Oberfläche unter. Das begünstigt einerseits die vielen Stilwechsel, führt aber dazu, dass die Konturen verschwimmen und kaum etwas abseits der gefälligen Vocallines hängen bleibt. Die Gitarren in "I Can't Sleep" können noch so dreckig klinge, wenn darüber eine ebenso perfekte Hochglanz-Gesangsspur liegt, verpufft der Effekt.
In dieser Hinsicht erweist sich die Band als etwas überambitioniert. Ein bisschen weniger Politur in der Produktion und weniger auf Mainstream gebürstete Songstrukturen wären von Vorteil gewesen. Planting Robots stehen sich bisweilen selbst im Weg. Mit ihrem Wissen um die Mechanismen des Markts egalisieren sie zu häufig das Potenzial ihrer Kompositionen. Wenn "Time's Up" die volle Drohung Autotune liefert, aber sagt: "This is life, baby / This is the show / And there ain't no Pro-Tools to come here and save your ass", spielt sicher eine Menge Ironie mit rein, allerdings steckt darin auch viel Wahrheit: Manchmal übertreiben sie es mit ihren Tricks.
Dennoch ist "Roots" unterm Strich ein Album, das gerade nach mehrmaligem Hören noch Neues bietet und mit eigenem Dreh an das Projekt Alternativerock herangeht. Es könnte so sowohl Mainstream-Hörer als auch Leute mit Vorliebe für progressivere Popmusik ansprechen.
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