laut.de-Kritik
Mittendrin statt nur dabei? Bei Pur bleibt alles beim Alten.
Review von Michael SchuhPur sind zurück. "Mittendrin" heißt der von vielen lang ersehnte Nachfolger des '98er Doppelplatin-Werks "Mächtig viel Theater". Natürlich ist der Titel Programm: einerseits sind Pur spätestens seit "Seiltänzertraum" mittendrin in den Fanherzen, andererseits auch im Epizentrum des Spotts der Bandgegner.
Obwohl auch ich mich in der Vergangenheit eher über Sänger Englers Frisur amüsieren konnte (mittlerweile stylish kurzgeschoren), als hinter das Geheimnis der mit Leidenschaft betriebenen Fanhysterie zu kommen; der zwölfte Longplayer ist wieder Pur pur - alles beim Alten trotz Debut bei EMI.
Sie klingen wie eine amerikanische 80er-Rockband a la Kansas, behaupten die Sparks. Tatsache ist, dass Purs unspektakulärer Melodic Rock nach wie vor ankommt in unserem Lande. Die Vorabsingle "Adler sollen fliegen" wie der Nachfolger "Herzbeben" zementieren aufs Eindrücklichste die Stärken der Stuttgarter: Englers gefühlsbeladene, wenn man will poetische Texte sind Ausgangspunkt für den hohen Identifikationsgrad zwischen Hörer und Band.
Ob Engler den Zuhörer abermals mit ins Abenteuerland lotst ("Weißt Du Wie") oder der Liebe mit Hilfe von Tiermetaphern ins nackte Antlitz schaut ("Schneckenfreund"), es muss vor allem seine Authentizität sein, die fesselt. Dazu gesellen sich Melodien, die sowohl beim Bügeln als auch an der Supermarkttheke funktionieren und allzeit abrufbereit auf den Lippen liegen.
Trotz dieser unbestreitbaren Kunst der Komposition muss man das nicht mögen. "Engel Zu Staub" ist da ein schönes Beispiel. Engler bringt Licht ins Dunkel zwischenmenschlicher Beziehungen: Auch wenn es Männer gibt, die Frauen nur des Sex' wegen ewige Liebe versprechen, nie die Hoffnung aufgeben, denn es gibt solche und solche! Nicht alle Engel zerfallen zu Staub! Soweit zur Quicktime-Botschaft.
Anstatt mühseliger Therapielyrik bevorzuge ich hingegen Ironie. Wenn Die Ärzte sich dieser Thematik annehmen und schlicht "Männer sind Schweine" singen, finde ich das großartig und kann mir das Grinsen nicht verkneifen, wenn auch Pur-Fans diese Single kaufen. Größere Gegensätze sind nämlich kaum vorstellbar.
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